Als ich vor ziemlich genau einem Jahr mit Freunden durch die Straßenmärkte von Port Sudan schlenderte, wurde ich von den Menschen – Männern wie Frauen – überaus freundlich behandelt. Nicht nur, weil ich ein potentieller Käufer für ihre aus China stammenden Waren war, sondern weil sie sich ganz einfach für mich interessierten. Österreich, darüber hatten sie alle ausnahmslos gehört oder gelesen, schien ihnen ein Paradies zu sein. Aber nicht wegen der vielen schönen Dinge die es dort gibt, sondern wegen der Freiheit. Der Sudan ist eine islamische Republik. Gesetz ist die Scharia. Der Präsident Umar al Baschar ist wegen Völkermordes in der Dafur- Region weltweit zur Verhaftung ausgeschrieben. Vor der Reise in den Sudan mussten wir uns beim österreichischen Außenamt melden und wir wurden vor islamistisch motivierten Übergriffen der Bevölkerung gewarnt. Aber alles verlief friedlich. Uns wurde Tee angeboten und wir wurden zum Verweilen gebeten. Menschen umringten uns neugierig und fragten uns nach allem Möglichen. Ein junger Mann fiel uns auf. Er saß, in eine verschlissene Djellaba gekleidet, auf einem Stapel Kisten und las auf Englisch Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“. Im Gespräche klagt er uns sein Leid: Er hat Ökonomie studiert, erzählte er, aber die Regierung hat keine Jobs für Leute wie ihn. Die Regierung, allen voran al Baschar sind Verbrecher. Er möchte weg von hier, denn es gibt keine Zukunft. Aber er bekommt keinen Reisepass. Die Regierung sagt er, hat ihm sein Leben gestohlen.
Wie viele Millionen Jugendliche in Afrika und im nahen Osten werden wohl dasselbe denken und empfinden. Wie viele sind Gefangene des eigenen Staates. Was Wunder, wenn sie die erste Gelegenheit nutzen um ins Paradies aufzubrechen, koste es was es wolle. Eine unendliche Geschichte, die uns Europäer noch lange beschäftigen wird. Schließlich und endlich standen wir als Kolonialmächte am unrühmlichen Anfang dieser Geschichte.
Gottes Mühlen mahlen langsam, heißt es in einem Sprichwort