In der Zeitung steht immer etwas Neues, sonst wäre es auch keine Zeit-ung, weil sie ja, wenn sie etwas Altes berichten würde nicht die aktuellen Zeit- Ereignisse darstellte, sondern wäre dann vielleicht eine Alt-ung oder von Vorgester-ung. Also wenn man was Neues liest in der Zeitung fallen einem immer wieder diverse Geschichten ein, die unser Hirn dann verknüpft oder hinterfragt. Unser Hirn ist ja eine Wahnsinnsmaschine, die ständig Neues und Altes vergleicht und aus verschiedenen Perspektiven logisch oder emotionell ausleuchtet. Gestern wurde ein möglicherweise bahnbrechender Erfolg amerikanischer Physiker berichtet: Der Nachweis von Gravitationswellen. Gravitationswellen sind Wellen im Raumzeitgefüge, die zum Beispiel durch den Zusammenstoß von schwarzen Löchern entstehen, aber auch dann, wenn mein Bruder von Tisch runter springt. Allerdings sind diejenigen, die mein Bruder erzeugt im Vergleich mit dem Zusammenstoß zweier schwarzer Löcher eher zu vernachlässigen obwohl er wieder zugenommen hat. Albert Einstein hat diese Gravitationswellen, die die Raumzeit verkrümmen vorhergesagt hat. Allerdings hat er befürchtet, dass man sie nie wird messen können weil sie so unglaublich gering ausfallen. (Er hat natürlich auch meinen Bruder nicht gekannt) Die Physiker haben zur Messung ein Interferometer verwendet. Interferenz bedeutet in der Physik die Überlagerungserscheinungen beim Zusammentreffen von Wellen. Die Technik besteht darin einen Laserstrahl über einen Spiegel in zwei Teilstrahlen aufzuteilen, die jeweils über eine möglichst lange Strecke auf einen weiteren Spiegel geschickt und von dort reflektiert werden. Wenn die Distanzen genau gleich sind, kommen die Lichtwellen wieder genau gleich zurück, sprich Wellenberg auf Wellenberg und Wellental auf Wellental. Wenn sich aber eine der Distanzen verändert, verschieben sich die Wellen und löschen sich gegenseitig aus oder verstärken sich. Im einen Fall spricht man von destruktiver Interferenz im anderen von konstruktiver Interferenz. Wenn ein Ereignis von elementarer Wucht, zum Beispiel wenn mein Bruder vom Tisch springt, eine Gravitationswelle auslöst, wird die Raumzeit gestaucht und die Laufzeit der Laserstrahlen verändert. Ergo: Interferenz.
Eine Interferenz kann man aber auch dann finden, wenn sich zwei Mitteilungen im Hirn überlagern und ein Interferenzmuster entsteht und der Hirneigner die dadurch ausgelösten konstruktiven oder destruktiven Muster auswertet. Insofern ist ein Hirn also auch ein Interferometer.
In der Ökologie hat das Wort Interferenz die Bedeutung einer gegenseitige Behinderung von Individuen im Zugang zu einer Ressource. Das könnte man jetzt auf die Menschen die in einem Staat leben ummünzen und überlegen, wie sich Interferenzen auf die jeweiligen Populationen auswirken. Da gibt es gleich wieder eine Interferenz, nämlich in derselben Zeitung in der die Gravitationswellengeschichte zeitnah mitgeteilt wurde gibt es gerade so ein kleines Interferenzbeispiel aus der Wirtschaftswelt. Die Firma IKEA hat mit kompliziert verschachtelten Firmenstrukturen in den vergangenen Jahren ungefähr eine Milliarde Euro Steuern gespart. Nun gehen wir einmal davon aus, dass alle Gesetze eingehalten wurden und für die Politiker – zum Beispiel in Belgien – die diese Gesetze geschaffen haben, gilt natürlich auch die Unschuldsvermutung. Aber Tatsache ist, dass der Konzern die Infrastruktur vieler Länder in Europa nutzt, sich aber nicht an deren Steueraufkommen beteiligt, so wie wir das tun. Wir brauchen Straßen, Schulen, Eisenbahnen, Krankenhäuser, also alles was so zu einer Volkswirtschaft gehört. Es ist also recht und billig, dass man, wenn man das alles zur Verfügung, hat auch dafür bezahlt zum Beispiel in Form von Steuern. Das sind nämlich unsere gemeinsamen Ressourcen. Und insofern erzeugt IKEA eine Interferenz im ökologischen Sinn, indem uns allen etwas entzogen wird was wir gemeinsam nutzen könnten. Aber IKEA ist damit natürlich nicht alleine. Auch der zweitgrößte Möbelhändler hierorts: MÖBEL LUTZ tut‘s. Der Konzern versteuert seine hier gewonnen Erlöse in Malta und transferiert die Gewinne in eine private Stiftung, die damit Staatseigentum aufkauft, zum Beispiel die Hiller Kaserne um 43 Millionen Euro. Das steht übrigens auch in derselben Zeitung. Die Pikanterie dabei ist, das Konstrukt zur Steuervermeidung, das den österreichischen Staat um Millioneneinnahmen bringt, hat der derzeitige Finanzminister Hans Jörg Schelling – ein tüchtiger Mann ohne Zweifel, für MÖBEL LUTZ organisiert. Er hat, so wird kolportiert dafür einen Aktienanteil bekommen und Insider schätzen sein Vermögen auf gut 100 Millionen Euro.
Wenn also ein Finanzminister Großbetrieben die Steuerflucht ermöglicht, und dadurch selber vielfacher Millionär wird dann führt das zu einer Interferenz, wird aber in Österreich höchstens als Interessenskonflikt verstanden obwohl es eigentlich eine Unvereinbarkeit darstellt. Haben Sie das jetzt verstanden?
So kompliziert ist halt die Physik. Die Frage ist nur noch ob es sich bei Schelling langfristig um eine konstruktive Interferenz oder eine destruktive handelt.