Das ist der Betrag, den der Verteidigungsminister für das Bundesheer fordert und als unumgänglich bezeichnet. Alle nicken verständnisvoll und selbst der sonst so friedliche Bundespräsident findet es richtig, dass für die Vorbereitung eines etwaigen Krieges diese ungeheure Summe ausgegeben wird. Anstatt das Geld gezielt für die beispielhaften Friedensmissionen des Heeres, für die Einsatzfähigkeit in Katastrophenfällen oder für Bildung, leistbares Wohnen, dringlich notwendige Nahverkehrskonzepte und die Entwicklung und Bereitstellung einer alternativer Energieversorgung auszugeben, sollen davon Rüstungskonzerne in Deutschland, Frankreich, Schweden und vor allem in Amerika profitieren. 16 Milliarden sollen in geschmiedete Stahlrohre, in Kampffahrzeuge, Pulver, Blei und tödliche Elektronik investiert werden, die dann jahrzehntelang vor sich hin rotten, um dann wieder aufs Neue durch noch tödlichere Waffen ersetzt zu werden. Erklärt wird uns das mit dem Begriff: Umfassende Landesverteidigung, zu der wir aus Neutralitätsgründen verpflichtet sind und einer nicht näher spezifizierten Bedrohungslage, auf die wir uns einstellen müssen.
In dem Strategiepapier Unser Heer 2030 spricht man von einem spezifischen, militärischen Einsatz zur Abwehr eines Angriffs auf die Souveränität der Republik Österreich, der in Österreich stattfindet und von außen gesteuert wird.
Es stellt sich also die Frage, was ist die unmittelbare Bedrohung, die diese Investition unbedingt erforderlich macht, mithin, wer ist unser Feind?
Dem internationalen islamistischen Terror oder wie immer man dieses Halloween- Gespenst nennen will, mit dem uns nicht nur die FPÖ ständig in Angst und Schrecken versetzen will, ist sicher nicht mit Artilleriegeschützen, Panzern und Flugzeugen beizukommen, das wird jeder Militärstratege sofort bestätigen.
Die Russen? Die Russen sind inzwischen von den Profiten ihrer Gaslieferungen nach Europa abhängig und ihre Oligarchen samt Familie, die bequem in Österreich residieren – speziell in Wien, haben nicht das mindeste Interesse daran, diese Basis zu zerschlagen oder den eigenen Geschäften durch einen Angriffskrieg zu schaden. Außerdem müssten sie zuallererst durch einen Korridor von hochmilitarisierten Ländern, in denen inzwischen Nato Truppen stationiert sind, durchmarschieren, um dann Wien zu erobern, damit sie im Hotel Sacher Torten essen können. Tun sie sicher nicht. Und wenn sie es wollten, dann wären Österreichs Soldaten wahrscheinlich alle schon tot, bevor sie den ersten Schuss abgefeuert hätten.
Liechtenstein? Wohl noch am ehesten. Aus der Höhe des Strafmandates, das ich voriges Jahr in Vaduz kassiert habe, weil ich statt 50 km/h 51 km/h gefahren bin, leite ich ab, dass Liechtenstein eine räuberische Nation ist, der ich auch einen Überfall auf Österreich jederzeit zutraue.
Die Nato? Wenn wir unsere Neutralität wirklich ernst nehmen würden, dann dürften wir keiner bewaffneten Macht erlauben, Österreich als Durchgangsland zu benutzen. Das geschieht aber ständig. Zwischen Jänner 2011 und September 2015 gab es 5.592 Transporte ausländischer Truppen durch Österreich, die nach dem Truppenaufenthaltsgesetz genehmigt wurden. 2016 waren es zirka 1.200. Darunter Truppen aus Albanien, den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, der Schweiz und weiteren europäischen Staaten. Auch die Ukraine durfte zwischen 2012 und 2015 Waffen und Soldaten durch Österreich transportieren, obwohl dort seit Februar 2014 ein bewaffneter Konflikt ausgetragen wird. Im Mai dieses Jahres waren es 400 amerikanische Militärfahrzeuge und 1500 amerikanische Soldaten, die durch Österreich zogen. In Hörsching landen ganze Staffeln amerikanischer Apache Kampfhubschrauber. Wenn wir uns also auf Grund unserer Verpflichtung zur Neutralität dem entschlossen entgegenstellen wollen und sich die Deutschen und Amerikaner den Weg durch Österreich freischießen müssen……? Jedem ist klar, das wird nicht passieren.
Wer also bedroht uns? Gegen wen soll unsere Schutzoperation gerichtet sein? Wofür sollen wir Waffen um 16 Milliarden Euro beschaffen?
Könnte es sein, dass wir wieder einmal belogen werden? Könnte es sein, dass wir hinsichtlich des Einsatzortes unseres Bundesheeres bewusst falsch informiert werden? Ist in Wahrheit daran gedacht, das Heer im Rahmen von EU-Militäreinsätzen in Kabul, Tripolis, am Kaukasus usw. zum Einsatz zu bringen? Müssen wir darum das Heeresbudget verdreifachen, weil es darum geht im Rahmen der EU gegebenenfalls an Kriegen zur Ressourcensicherung teilzunehmen? Es ginge dann nicht um die Verteidigung von Souveränität, Integrität und Neutralität Österreichs, sondern um die vollkommene Unterordnung Österreichs unter eine allfällige Großmachtspolitik der EU. Und um die Teilnahme an Rohstoffkriegen, um die Interessen der europäischen Industrien zu sichern. Also um Dinge, die immer schon die Ursache aller Kriege waren, die aber der Bevölkerung mit Lügen und Falschinformationen, wenn nötig mit nationalistischen Parolen, schmackhaft gemacht werden.
Tatsächlich hat sich Österreich mit dem Beitritt zur EU-SSZ/PESCO Ende 2017 zur ständigen Erhöhung seiner Militärausgaben* und zur Teilnahme an globalen EU-Militäreinsätzen verpflichtet. Das entspricht dem Pfad, den Unser Heer – 2030 skizziert. Alle Parlamentsparteien haben das abgenickt und in stiller Übereinkunft dieses Thema, das wohl bei der Bevölkerung nicht sonderlich populär ist, aus dem Wahlkampf ausgeklammert.
*mittelfristig auf 2% des BIP, das würde für Österreich eine Verdreifachung der Militärausgaben bedeuten.
https://www.diepresse.com/5627583/us-militarkonvois-durchqueren-osterreich
Zahlreiche Zitate stammen aus: Werkstatt-Rundbrief 18/2019 der Linzer Stadtwerkstatt.