Jetzt, wo nicht nur die internationalen Kontakte, sondern auch die Kontakte mit den Menschen in der unmittelbaren Umgebung eingeschränkt sind, ja sogar als gefährlich erachtet werden, sollte man darüber nachdenken, wozu das eventuell gut sein könnte. Beginnen wir mit der Umwelt: Wer die Bilder von Venedigs Kanälen gesehen hat, die seit einigen Tagen kristallklares Wasser führen und in denen man erstmals, wahrscheinlich seit einem Jahrhundert, wieder Fische schwimmen sieht, könnte vielleicht auf den Gedanken kommen, dass das in Zukunft öfter so sein sollte. Die Luft ist klar wie schon lange nicht und die Bienen scharen sich in Massen um die Blüten meines Kirschbaumes. Das wär doch was für die Zukunft, davon träumen wir doch alle. Eine natürliche gesunde Umwelt, etwas, wofür wir um die halbe Welt fliegen, um es zu erleben. Momentan bleiben zigtausende Flugzeuge auf dem Boden. Etliche Fluglinien wird es nach dem Ende der Coronakrise nicht mehr geben. Dann werden die Preise steigen und der Preis für ein Flugticket wird dann eher die Kosten für die Umwelt abbilden und der eine oder andere wird sich die eine oder andere Flugreise überlegen. Es wird vielleicht etwas mehr Bewusstheit für den vernünftigen Umgang mit den phantastischen Möglichkeiten, die wir Menschen heute haben, entstehen. Dass wir die sozialen Kontakte derzeit massiv reduzieren müssen, kann vielleicht dazu führen, dass uns bewusst wird, wie sehr wir Menschen auf Zusammenarbeit und Solidarität angewiesen sind. Die Anerkennung für jeden, der so wie wir, sein Leben lebt und zu gestalten versucht auf seine Art, mit seinen Möglichkeiten, auch wenn sich diese von unserer Art zu leben und unseren Möglichkeiten unterscheiden, sollte eine Selbstverständlichkeit werden. Vielleicht bleibt auch ein wenig mehr Wertschätzung für bestimmte Berufsgruppen und eine andere Einstellung jenen Tätigkeiten gegenüber, die wir gerne delegieren und nicht mehr selber machen wollen. Vielleicht lernen wir ja tatsächlich was dazu. Vielleicht wird uns die Begrenztheit unserer Möglichkeiten angesichts der Natur vor Augen geführt und vielleicht nehmen wir das zum Anlass, unsere individuellen Konsumbedürfnisse zu hinterfragen. Vielleicht ist das die letzte Warnung. Im Jahr 2013 hat ein ziemlich schlimmes Hochwasser ganz Mitteleuropa insbesondere auch Oberösterreich heimgesucht. Ich war damals gerade in Norwegen. Als ich zurückkam, war das Schlimmste schon vorbei und ich wollte auf meiner Lieblingslaufstrecke im Pesenbachtal eine Runde drehen. Fassungslos nahm ich zur Kenntnis, dass es das Pesenbachtal, wie ich es gekannt hatte, nicht mehr gab. Das Hochwasser hatte sämtliche Wege weggespült. Umgestürzte Bäume, chaotisch ineinander verkeilt, versperrten den Zugang. Es sah aus, als wären ein paar Verrückte mit Planierraupen durch das enge Tal gerast, in der Absicht, möglichst viel Schaden anzurichten. Eine ältere Dame, die mir meine Betroffenheit wohl ansah, wandte sich an mich und sagte: „Wissen Sie, manchmal muss etwas kaputt gehen, damit etwas Neues, vielleicht sogar etwas Besseres entstehen kann.“ Und tatsächlich, das Pesenbachtal ist heute mindestens so schön wie vor dem Hochwasser, wenn nicht sogar schöner.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine ansteckende Gesundheit.