Urlaub in Österreich

 

Früher hat man von der „Sauren Gurkenzeit“ gesprochen, wenn im Sommer absolut nichts los war. Die Journalisten mussten für ihr jeweiliges Ressort irgendwas erfinden, damit die Zeitung  erscheinen konnte. Heuer ist es anders. Von der Wahl in Weißrussland bis zum Vulkanausbruch in Sumatra, von den Protesten gegen Bibi Netanjahu bis zur Katastrophe von Beirut füllen die Ereignisse die Zeitungsspalten und die Abendnachrichten im TV. Das ist aber alles weit weg und berührt die österreichische Seele lediglich insofern, als es die Sensationsgier befriedigt. Die traditionell mit dem Sommer verbundene Haupturlaubszeit sorgt heuer –   Corona-bedingt – dafür, dass die Österreicher sich am Attersee, auf einer wildromantischen Alm in Tirol oder in der Lichtensteinklamm zusammendrängen,  statt mit den Pifkes um einen Liegeplatz mit Sonnenschirm in Bibione zu kämpfen. Nabelschau ist angesagt. Bei Facebook verdichten sich die Urlaubsabenteuer inzwischen zu einem Katalog österreichischer Sehenswürdigkeiten und ich freue mich, dass ich nicht dort bin. Bei den meisten Österreichurlaubern führen allerdings Aktivitäten, die nicht direkt zur Nahrungsaufnahme oder der Befriedigung eines sonstigen dringenden Bedürfnisses führen, zu einer raffinierten Vermeidungsstrategie, die man heuer mit der Ansteckungsgefahr gut begründen kann. Aber bei den Ehrgeizigen stehen sportliche Aktivitäten, soweit es die Hitze zulässt, auf dem Programm und die führen vielfach recht zuverlässig zum sicheren Tod. Sei es durch Absturz aus großer Höhe, durch Ertrinken oder durch  Genickbruch beim Sturz mit dem Motorrad. Eine rastlose Gesellschaft, die sich statt auf Mallorca oder an den Stränden Griechenlands im eigenen Land austobt, lässt die Todesfälle durch urlaubsbedingte Unfälle den Vergleich mit Todesfällen durch Corona locker gewinnen. Über die drei Ertrunkenen vom gestrigen Tag berichten heute mehrere Zeitungen. Wie viele Biker teilskalpiert und partiell gehäutet im Krankenhaus landen, wie oft die Bergrettung Idioten* aus großer Höhe wieder zu Tal bringt und wie viele Pensionisten es mit dem neuen E-Bike aufplattelt steht eher in den Lokalnachrichten.

Alles zusammen bestätigt Blaise Pascals Aphorismus auf das Trefflichste, dass „das ganze Unglück der Menschen allein daher rührt, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen“. All das passiert natürlich mit dem Coronagütesiegel der Wirtschaftskammer. Selbiges Gütesiegel garantiert, dass der Beherbergungsbetrieb, von dem aus die Bergtour in den Tod startet, frei von Viren der Sorte Corona ist.  Auch wenn sich Betriebe gar nicht testen lassen, bekommen sie das Coronagütesiegel. Wie man das argumentiert ist eine österreichische Spezialität. Die  sind dann sozusagen Ehrenmitglieder der Coronagütesiegelvereinigung. Die Wirtschaftskammer ist da eher großzügig. Das ist in etwa so wie mit dem AMA Gütesiegel. Jede Kuh die in Österreich geschlachtet wurde ist eine österreichische Kuh, auch wenn sie eigentlich eine tschechische Touristin  ist und eine lange Reise hinter sich hat. Ausschlaggebend ist der Sterbeort.

TBC – und Bang-frei, stand früher an den Kuhställen die der Bezirks-Veterinärmediziner auf Tuberkulose und Brucellose  inspiziert hatte. Das hat die Maul und Klauenseuche nicht gehindert um sich zu greifen. Coronafrei steht heute an den Türen der Gastwirtschaften und die Touristen derstessen sich beim Wandern.. Schönen Urlaub.

*Wie immer verwende ich den Begriff Idiot natürlich nicht als Schimpfwort, sondern in seiner ursprünglichen, dem griechischen und später römischen Sprachgebrauch  folgenden Wortsinn eines (geistig) Unbeteiligten oder Laien.

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