Die Bim ist die Wiener Straßenbahn, lautmalerisch nach ihrem Signalton so benannt. Dass die Bim das ist was sie ist – ein günstiges und relativ umweltfreundliches Nahverkehrsmittel im Besitz der Stadt, ist dem umstrittenen Bürgermeister Karl Lueger zu verdanken. Er hat sowohl die Elektrizitätswerke als auch die Verkehrsunternehmen um 1900 aus privatem Besitz in den Besitz der Stadt gebracht. Er gründete die Christlich-Soziale Partei. Ein kleinbürgerlicher, klerikaler und antisemitischer Vorläufer der Volkspartei. Adolf Hitler nannte ihn in „Mein Kampf“ den gewaltigsten deutschen Bürgermeister aller Zeiten. Sein Standbild im ersten Wiener Gemeindebezirk wird gerade jetzt von linken Aktivisten besetzt und von rechtsextremen Aktivisten „befreit“. Seine christlich-sozialen Nachfolger üben sich wieder in Chauvinismus. Antisemitismus ist passe, dafür geht es um so ungehemmter gegen Migranten. Gernot Blümel markiert den gnadenlosen Vollstrecker und lässt Kebab-Standl von der Finanzpolizei drangsalieren und will, wie ehemals die blaue Sumpftruppe, nur Volksdeutsche im Gemeindebau haben. Die Blauen sind deshalb vollkommen weg von der Futterschüssel in Wien. Sie haben es verabsäumt, während sie an der Regierung waren, einen Gebrauchsmusterschutz auf ihre rassistisch – chauvinistische Masche beim Patentamt zu beantragen und jetzt bedienen sich die Türkisen rotzfrech nicht nur desselben Vokabulars, sondern auch der gleichen Schikanen. (Na ja, ein FPÖ- Waldhäusl hätte vielleicht noch einen Stacheldrahtzaun um jeden Würstelstand gezogen, der von einem Volksfremden betrieben wird). „Es gibt kaum Wichtigeres für Österreich als Wien nach vorne zu bringen“ und „Integration für Wien“ steht auf den Plakaten der Neuen Volkspartei. Zusammen mit einem finster dreinschauenden Gernot Blümel hinterlässt diese Mitteilung vielleicht Spuren im Unterbewusstsein bei Xenophoben. Aber was genau gemeint ist, erschließt sich einem nicht unbedingt. Was will er uns sagen, der Gernot? Na, ist eh Wurscht, Bürgermeister wird er sowieso nicht.
Da hat es auch ein Dominik Nepp, Mitglied der schlagenden Burschenschaft Aldania, obwohl er mit dem Säbel umzugehen versteht, schwer sich zu positionieren wenn rechts von ihm schon alles besetzt ist. Trost findet er sicher in seiner Position als nicht amtsführender Stadtrat*, der ihm aus Proporzgründen zusteht und mit einem monatlichen Salär von knapp 10 000 Euro vergütet wird, dafür, dass er nichts tut, nämlich gar nichts, außer gelegentlich bei Sitzungen des Stadtsenates anwesend zu sein. Ein Mann mit Nehmerqualitäten eben. „Dominik Nepp, Unser Daham. SPÖ, ÖVP & Grüne – radikaler Islam steht auf seinen Plakaten. Auf der einen Seite eine Gruppe Frauen in Burka und auf der anderen ein freundlich lächelnder Dominik Nepp mit einem blonden Kind an seiner Seite vor dem Stephansdom. Mit dem erhobenen rechten Arm zeigt er unmotiviert in den Himmel. Wenn er nicht gerade Chemtrails entdeckt hat, bleibt die Geste unverständlich, außer man deutet sie anders. Das ist, in der damit ausgedrückten Symbolik, vom blonden Kind bis zur ausgestreckten rechten Hand so unendlich dumm und amoralisch, dass es direkt schon wieder zum Lachen ist.
Dass der H. C. Strache eine Möglichkeit sucht, wieder auf Kosten der Steuerzahler zu leben, ist auch fast jedem klar. Nur ein paar Unbedarfte, bei denen er irgendwo im limbischen System als eine Art kleiner, rauchender und Red Bull saufender Comic-Held weiterlebt, dürften ihn wieder wählen. Und zudem die paar FPÖ Abtrünnigen, die sich ebenfalls eine Rolle als nicht amtsführender Stadtrat erhoffen und deren Familien. Dafür tingelt der Heinrich wieder durch die Wirtshäuser und gibt komplett moralbefreit seine Leidensgeschichte zum Besten. „Gemeinsam Aufstehen für Wien, die HC Strache Comeback-Tour, sozialbewusst und heimatverbunden“ steht auf seinen Plakaten. So weit so sinnlos. Oder weiß jemand, was er damit genau meint, außer dass er womöglich damit seine Befürchtungen vor dem eigenen sozialen Abstieg zum Ausdruck bringt?
Summa summarum sind wir, was die Wahlwerbung einiger Parteien betrifft, mindestens so weit wie unter Lueger, wenn nicht noch weiter. Es wird im Wesentlichen an die Schattenseiten der menschlichen Seele appelliert. Es wird mehr oder weniger subtil Neid, Missgunst und Fremdenhass instrumentalisiert, um irgendwie an Macht und Geld zu gelangen. So sind wir nicht, würde der Bundespräsident sagen und wahrscheinlich auch der Wiener Bürgermeister. Zu hoffen ist, dass für diese Art Politik zu machen und diese Art Politiker bald einmal die letzte Bim fährt.
*In der Bundeshauptstadt Wien existiert eine relativ einzigartige politische Funktion – jene des nicht amtsführenden Stadtrats. Möglich ist dies, weil Wien über ein Verhältnis- oder Proporzsystem verfügt, in der die Ressortzuteilung so geregelt ist, dass nicht alle Stadträte in den Genuss eines Amtes kommen. Sie sind „nur“ Mitglied im Stadtsenat, aber nicht Teil der Stadtregierung.
https://kurier.at/chronik/wien/wien-wahl-was-uns-die-wahlplakate-sagen-wollen/401029037