Laut einer Umfrage des Senders ATV sehen 67% der ÖVP Wähler die Ermittlungen der Korruptionsstaasanwaltschaft gegen ÖVP Mitglieder, insbesondere gegen Kanzler Kurz, als politisch motiviert an. Während in der Gesamtbevölkerung dieser Wert bei 38 % liegt. No na…. Eine andere Umfrage des Market-Institutes in Linz hat sich mit der Befindlichkeit der FPÖ Wähler befasst. Ein interessantes Faktum, dem man auch von Seiten der Sozialdemokratie dringend Beachtung schenken sollte, ist, dass 30 % der FPÖ Wähler von sich sagen, dass sie völlig oder überwiegend unglücklich sind. Laut dieser Umfrage fühlen sie sich wenig wahrgenommen und auf die Frage, ob sich Politiker für ihre Probleme interessieren bzw. dafür wie Menschen, wie sie denken, haben 56 Prozent der FPÖ Wähler zur Antwort gegeben, dass sich Politiker nicht für sie interessieren. Doppelt so viele wie im Rest der Bevölkerung. Und bei der Frage nach den Möglichkeiten der Mitsprache sagt jeder zweite FPÖ Wähler, dass er keine habe. Es ist schwer zu sagen und darauf gibt die Studie keine Antwort, ob diese Verzweiflung mit den sozialen und materiellen Lebensbedingungen zusammenhängt oder ob sie im Wesentlichen schon den Querschnitt durch die psychischen Verfasstheit der Gesellschaft widerspiegelt. Was für Schlüsse können wir daraus ziehen? Dass in dieser Gesellschaft viele Menschen nicht die Möglichkeit haben sich zu verwirklichen? Dass die Ansprüche und Erwartungen dieser Menschen zu hoch sind und nicht mit den realen Möglichkeiten übereinstimmen oder, dass die FPÖ, die vorgibt diese Menschen politisch zu vertreten, keinen neuen Parteivorsitzenden, sondern einen Stab von Psychotherapeuten braucht? Tatsache ist, dass das Wählerpotential der FPÖ vorwiegend im Bereich der wenig gebildeten Schichten der Arbeiter und zuletzt auch bei den sehr konservativen ÖVP Wählern liegt.*1) Insofern wird diese kollektive Depression wohl mit den wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen diese Menschen leben, zusammenhängen. Um diesen Teil der Bevölkerung bei der Stange zu halten hat die FPÖ seit Strache oder eigentlich schon seit Haider ein einfaches, aber bewährtes Rezept gefunden und das besteht nur aus zwei Ingredienzien: Die Zuwanderung und die EU-Kritik, die im Kern eigentlich eine Elitenkritik ist. Die Kritik an den Corona Maßnahmen könnte man, wenn man die Gesamtheit an skurrilen Begründungen bedenkt – von der Angst vor einem Chip im Arm bis zur Behauptung, die Epidemie sei eine Erfindung, um Macht auszuüben – ebenso als Kritik an den Eliten auffassen. Stichwort: Kurz muss weg.
Was verbindet jetzt diese beiden Gedankenstränge bzw. diese zwei Studien? Es ist das Wort „Pöbel.“ Ein Wort, das den Unterschied zwischen den Privilegierten und den weniger Privilegierten zum Ausdruck bringt.
Von der aalglatten auf Hochglanz polierten türkisen ÖVP wurde in den letzten Wochen ein Übermaß an Verachtung nicht nur für die staatlichen Institutionen, sondern auch für die Menschen in diesem Land gezeigt. Gipfel dessen war das Wort Pöbel, das Thomas Schmid unreflektiert in einem Chat fallen ließ. Daran hat sich eine begründete Empörung entzündet und auch die Medien haben das so aufgefasst.
Nun wird, nicht zuletzt durch solche Überheblichkeit, das Misstrauen der FPÖ Wähler genährt und wer Angst hat, verzweifelt ist oder sich zurückgesetzt fühlt, ist zwangsläufig misstrauisch und neigt eher dazu, jenen zu vertrauen, die seine eigenen Befürchtungen teilen und diese womöglich auch aussprechen.
Das ist das Interessante und das Brisante an der Gesamtsituation: Die ÖVP, die sich jetzt als türkise Volks -Bewegung verkauft, aber eindeutig die Eliten des Landes vertritt und von diesen auch finanziert wurde, zeigt nicht nur auf vielfältige Weise ihre Geringschätzung für Menschen anderer sozialer Schichten als der ihren, sondern sie hat es zur Zeit auch in der Hand, diese Verhältnisse aufrecht zu erhalten bzw. weiter zu verschärfen, indem sie einerseits das Arbeitslosengeld niedrig hält und andererseits dafür sorgt, dass es genug Arbeitslose – zum Beispiel in der Gruppe der älteren Arbeitssuchenden – gibt. Dass also genug Pöbel zur Verfügung steht, der auch für wenig Geld zu arbeiten bereit ist. Das wiederum treibt diese Menschen dann in die Arme der FPÖ. Es ist eine Art Ping Pong oder das, was man beim Mühlespiel eine Zwickmühle nennt. Die ÖVP verschärft die sozialen Bedingungen und die FPÖ gibt vor sich um die Opfer zu kümmern und kommt mit deren Stimmen an die Macht. Kaum an der Macht haben die FPÖ Politiker gezeigt, dass sie jedem Gesetz zustimmt, das die Rechte derer, die sie zu vertreten vorgeben, einschränkt oder schlicht und einfach missachtet.*2) Man erinnere sich auch an den 12 Stunden Tag, und Sozialabbau in vielen anderen Bereichen unter Türkis/Blau*3)
Die FPÖ ist schon auf Grund ihrer Führungsstruktur, mit zahllosen Burschenschaftler die sich nicht nur elitär gebärden, eine Partei spezieller Eliten und wenn man die letzten Jahre zurück spult, und die vielen Vereine die einzig zur Entgegennahme von Spenden aus Industrie und Wirtschaft gegründet wurden betrachtet, oder die Aussagen Straches und seine Bereitschaft für Geld und Macht alles zu tun, dann kann man das eigentlich nicht übersehen, da muss man schon sehr verzweifelt sein. Wie man sieht, ist diese Konstruktion also zum Vorteil beider Parteien, die sich als Volkspartei und Soziale Heimatpartei um den Pöbel kümmern, aber eindeutig zum Nachteil des Pöbels..
*1) Natürlich nicht nur. In Oberösterreich waren es freiheitliche und FPÖ-affine ÖVP-Unternehmer, die eine schwarz-blaue Landesregierung mitdurchsetzen. Bei der Landtagswahl 2015 gewann die FPÖ 84.000 Stimmen von der ÖVP. Auch viele Abgänger der Montan-Uni in Leoben, bestens ausgebildet und gutverdienend gehören zur blauen Elite dieses Landes. Ebenso wie Burschenschafter anderswo. Aber das wesentliche Stimmenpotential kommt inzwischen aus der Arbeiterschaft. Siehe Krise der SPÖ.
*2)Gemeinsam mit den Neos und dem Team Stronach machte sich die FPÖ am 23. April 2015 für die Abschaffung der Arbeiterkammer und damit gegen eine starke Vertretung der ArbeitnehmerInnen stark.
*3) ÖVP-FPÖ: Sozialabbau und neue Arbeitsgesetze treffen die eigenen Wähler | Deimelbauer News
Der Pöbel soll spuren – Kommentare der anderen – derStandard.at › Diskurs