Die Diktatur der Würmer

Wenn man in einigen Jahren auf diese missliche Zeit mit ihren diversen Lockdowns, Weltverschwörungstheorien, verrückten Therapievorschlägen und auf die vielen Toten zurückblickt, wird man wohl den Kopf schütteln und sich denken: Was für Idioten. Wenn man historisch ein wenig versierter ist, wird man rasch erkennen, dass die ganze Pandemie leicht einzudämmen gewesen wäre, zumindest ab dem Zeitpunkt, an dem effiziente Impfstoffe zur Verfügung standen. Man hätte nur rasch und entschlossen handeln müssen. Man wird feststellen, dass nicht das Virus das große Problem war, sondern die Politik und die Politiker, die in fahrlässiger und unverantwortlicher Weise mit dem Leben von Menschen gespielt haben und in vielen Fällen nicht die Bekämpfung der Krankheit, sondern die des politischen Gegners Priorität hatte. Man wird vielleicht für einzelne Länder die Abläufe mit den damaligen politischen Gegebenheiten in Korrelation bringen und sich die verantwortlichen Politiker und ihre Entscheidungen genauer anschauen und man wird sich über die Hintergründe dieser Entscheidungen Gedanken machen. Man wird dann nicht umhinkönnen, ein Urteil zu sprechen und den einen oder anderen, der seine Verantwortung nicht wahrgenommen oder sie aus eigennützigen Gründen ignoriert hat, beim Namen zu nennen. Ganz sicher wird man sich an Herbert Kickl erinnern. “Das war doch der mit dem Wurmmittel“, wird man sagen.  Seinetwegen sind viele gestorben, denn er hat von der Impfung abgeraten und mit vollkommen unwissenschaftlichen Argumenten, die dem medizinischen Wissen der damaligen Zeit diametral gegenüberstanden, versucht Parteipolitik zu betreiben und die Gesellschaft auf recht primitive Weise zu radikalisieren und zu spalten.  Ein Mann der sich selbst als Siegfried sah, der aber keinen Drachen, sondern nur Eingeweidewürmer getötet hat.
Amüsiert wird man sich daran erinnern, dass er – selbst an Corona erkrankt- vom Krankenbett aus die angekündigte Impfpflicht als Beginn der Diktatur bezeichnete. Er, der selbst gerne ein kleiner Diktator gewesen wäre und als Innenminister der ÖVP /FPÖ Regierung durch die Aussage bekannt wurde, dass die Politik für ihn Priorität vor dem Gesetz habe. Ein Mann, in dessen Dunstkreis Rechtsradikale mit aufgehetzten Coronaleugnern gemeinsame Sache machten. Vielleicht wird man sich auch daran erinnern oder als Historiker darauf stoßen, dass gerade in den Coronajahren zahlreiche rechtsradikale Umtriebe aktenkundig wurden. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 443 Straftaten mit zum Teil antisemitischem Hintergrund angezeigt. Allein in Oberösterreich waren es 96 Fälle. Nicht zuletzt wurden bei österreichischen Rechtsextremen 2021 mehrmals riesige Waffenlager gefunden, die ausgereicht hätten, um eine mittlere Miliz zu bewaffnen. All das wird man in der Zukunft wohl in einem gewissen Zusammenhang sehen. Man wird sich auch darüber Gedanken machen, wie der oberösterreichische FPÖ-Chef Haimbuchner dazu gekommen ist, diesen eigenwilligen Umgang mit einer bedrohlichen Viruserkrankung mitzutragen, obwohl er selbst beinahe daran gestorben ist. Tagelang lag er künstlich beatmet im Tiefschlaf und die Krankenschwestern mussten seine Windeln wechseln. Er bedankte sich zwar überschwänglich für die Rettung, aber retrospektiv waren das wohl Floskeln. Seinem Verhalten muss man entnehmen, dass er zu keinerlei Einsicht gelangt ist.  Wie so jemand dazu kommt angesichts einer dramatischen Zuspitzung der Erkrankungszahlen immer noch gegen eine Impfung zu wettern, wird auch den zukünftigen Historikern ein Rätsel sein.

Vielleicht sollte man den Kollegen in der Zukunft ein paar Tips hinterlassen, zum besseren Verständnis: In erster Linie geht es einmal um eine typisch österreichische Begriffsklärung. Man muss unterscheiden zwischen Partei und Partie. Eine Partei ist üblicherweise eine politische Partei. Das ist ein auf unterschiedliche Weise organisierter Zusammenschluss von Menschen, die innerhalb eines umfassenderen politischen Verbandes (z.B. Staat) danach streben, möglichst viel politische Mitsprache zu erringen, um ihre eigenen sachlichen oder ideellen Ziele zu verwirklichen und/oder persönliche Vorteile zu erlangen. Wesentlicher Teil des Erringens bzw. Ausübens solcher politischen Macht ist es, Führungspositionen in staatlichen und anderen Institutionen mit Parteimitgliedern oder der Partei nahestehenden Menschen zu besetzen.  Eine Partie ist im Sprachgebrauch des wienerischen Idioms eine Gruppe von Leuten, die zusammen etwas vorhaben. „Mit von der Partie sein“ heißt mit anderen gemeinsame Sache machen. Es gibt im Wienerischen auch den Begriff „Oaschpartie“, was so viel wie schlechte Gesellschaft bedeutet oder den Begriff Chefpartie, den der Ostbahn Kurti geprägt hat.   

So wie auch eine Familie eine Partei gründen oder übernehmen kann, kann auch eine Partie eine Partei gründen oder übernehmen. Jene Partie, mit zahlreichen – vor allem familiären Wurzeln – in ferner Vergangenheit, nämlich beim Nationalsozialismus, hat schon bald nach dem zweiten Weltkrieg damit begonnen, so etwas wie Familienzusammenführung zu machen und hat daher ein Partei gegründet. Ziel: Neuerliche Machtübernahme.                   

Die dazu verwendeten Mittel hatten sich bei den Vorgängern bewährt und lassen sich durchgehend erkennen: Erzeuge Emotionen, suche Feindbilder, hetzte und spalte ein Teil der Gesellschaft ab und sorge dafür, dass sie ihre Informationen nur mehr von dir bekommen. Wahrheit ist eher hinderlich. Radikalisiere sie, indem du Feinde definierst und Wut erzeugst und bring sie dazu, auf die Straße zu gehen. Je mehr Aufsehen sie erregen, desto mehr beeindrucken sie die Öffentlichkeit und desto mehr neue Anhänger kannst du generieren. Wenn es dabei zu Gewaltakten kommt – umso besser – schiebe die Schuld daran auf die Gegner. Zudem schüchtert Gewalt ein und der Respekt vor deinen Anhängern wird steigen. Das Thema, das du wählst, ist in einer narzisstischen und verblödeten Massengesellschaft nebensächlich. Migranten, Juden, Impfbefürworter – alles eignet sich, um den Prozess der Spaltung voranzutreiben. 

(Die AfD geht genau nach demselben Muster vor. Nicht nur der Vergleich der FFP2- Maske mit einem Judenstern, den AfD-Mitglied Erika Steinbach gebracht hat, ist von unglaublicher Widerwärtigkeit, auch die Behauptung, dass 50 % der deutschen Intensivbetten mit Patienten aus dem arabischen Raum belegt sind, ist atemberaubend in seiner Unverfrorenheit.) Tatsache ist, wenn die Leute einmal auf Schiene sind, glauben sie alles. Eine Diskussion ist dann nicht mehr möglich, der eigene Standpunkt wird nicht mehr hinterfragt. Logik, Einsicht und Verantwortlichkeit sind keine Begriffe, die in Massenbewegungen eine Rolle spielen. Es funktioniert genau so wie bei einer Sekte.* Da ist es dann auch egal, wenn bei einer Massendemonstration der an Corona erkrankte Kickl als Mastermind gar nicht anwesend ist, sondern der wegen Korruption und Plünderung der Parteikasse abgesetzte H.C. Strache wieder als Vertretung aus der Versenkung auftaucht. Es ist auch egal, dass in Vorfeld in Internetforen bereits vom geltenden Kriegsrecht gesprochen wird und einzelne die  Frage stellen, ob man sich bewaffnen soll.

Wenn also in einer fernen Zukunft Historiker die Entwicklung betrachten, werden sie die gleichen Muster erkennen, die immer schon eingesetzt wurden, um die Menschen zu manipulieren und an Macht zu gelangen. Sie werden sich wundern, wie ein fortschrittliches Land wie Österreich zuließ, dass auf dem Rücken des Pflegepersonals in den Krankenhäusern, der Ärzte und schwerstkranker Menschen, die auf Intensivstationen um ihr Leben kämpften, Politik gemacht wurde. Sie werden sich auch wundern, wie es möglich war, dass am 20. November 2021,  an dem 14 642 Menschen neu an Corona erkrankten und 42 Menschen daran starben, ein Herbert Kickl eine Demonstration am Wiener Heldenplatz für Neonazis und Impfgegner organisieren konnte, ohne dass ein Aufschrei durch die Gesellschaft ging.

*Literatur zum Thema: Steven Hassan: Ausbruch aus dem Bann der Sekten

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5 Gedanken zu „Die Diktatur der Würmer“

  1. Erika Steinbach war nie Mitglied der AfD und ist es auch derzeit nicht. Diese Ihre Behauptung wird nicht wahrer, wenn sie in solch einem Pamphlet aufgestellt wird. Es ist ja heutzutage auch so schwer, Behauptungen zu verifizieren. Solche (bewusst behauptete) falsche Zuordnungen von Personen zu Parteien machen den gesamten Aufsatz unglaubwürdig.

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    1. Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist eindeutig – sowohl ideologisch als auch personell – zur AfD gehörig
      Erika Steinbach ist die Stiftungsvorsitzende, die die Maskenpflicht in der Pandemie mit dem
      Tragen des Judensterns vergleicht, die gegen „zügellose Zuwanderung“ hetzt, die den Hass auf Walter Lübcke geschürt
      hat, Vergewaltigung in der Ehe straffrei sehen möchte und
      behauptet, dass fünfzig Prozent der an Corona erkrankten
      Intensivpatienten „aus dem arabischen Raum“ stammen.
      Die Stiftung, die sich auf ihrer Homepage als „ideell der Alternative für
      Deutschland (AfD)“ zugehörig beschreibt, bemüht sich gerade darum vom deutschen Staat 10 % von den 660 Millionen die für politische Stiftungen im Bundeshaushalt vorgesehen sind zu bekommen. Sagen Sie bitte nicht, dass die Dame nichts mit der AfD zu tun hat.
      Aus Frankfurter Rundschau

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  2. Hallo Alfred,
    ich „musste“ hier auf „gefällt mir“ klicken, nur um diesen deinen Artikel kommentieren zu können. Dein Artikel gefällt mir jedoch nicht sonderlich! Ich denke über eine Abmeldung bei deinem Blog nach…

    Wir können – eigentlich – nur über Deutschland urteilen. Fast sämtliche Versprechen, welche die Regierung – ganz gleich welche Partei das ist – gemacht hat, wurden im Laufe der Zeit korrigiert. Jetzt sind wir so weit, dass Corona-Geimpfte in Massen gegen Corona-Ungeimpfte wettern, sich also gegenseitig fertig machen und beschimpfen. Ist das menschlich? Sicher nicht. Ein Umstand, der von den Politikern gerne gesehen wird. Passt er ihnen doch in den Kram.

    Die AfD mag ich übrigens nicht sonderlich gerne. Ich habe die niemals gewählt, und werde die auch niemals wählen. Auch wenn es schwer fällt, die AfD zu respektieren. Ich versuche es zumindest. Die CDU ist meiner Meinung nach nicht viel besser. Das ist doch ein ewiges hin und her. Heut hüh, morgen hott. Das Einzige was die Union die letzten vielen Jahre gut (na ja, ob das wirklich gut ist, werden wir ja noch sehen) hinbekommen hat, ist das Zusammenspiel mit der Industrie. Geld verdienen auf Kosten der Schwächeren, dass konnten die alle immer schon gut! Nachhaltigkeit, Fairness, Sozial, alles Fremdworte für die Union.

    Auch die Wortwahl einiger Deutscher Politiker ist an Dummheit kaum zu übertreffen. So wird gesagt, „Wir müssen jetzt mehr Druck ausüben“. Druck ausüben? Auf die Bürger? Auf die, die nicht geimpft sind? Warum? Also ich bin geimpft, dass schreibe ich hier mal ganz klar und deutlich, um nicht in eine lächerliche Schublade gesteckt zu werden. Geimpft mit Johnson & Johnson gegen Corona. Aber es muss doch jeder selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen will.

    Dann gibt es noch die Kennzeichnung von Ungeimpften mit andersfarbigen Bändern, z.B. auf Weihnachtsmärkte, wenn sie denn überhaupt stattfinden. Wollen wir wirklich wieder einzelne Gruppen kennzeichnen, so wie früher zum Beispiel die Juden! Habe sowas lächerliches und unverschämtes lange nicht gehört. Von Toleranz andersdenkenden gegenüber scheint in weiten Teilen kein Schimmer zu sein.

    Unser Gesundheitsminister Spahn, der mit Medizin rein gar nichts zu tun hat, aber – wie könnte es auch aufgrund der Ministerpolitik anders sein – Gesundheitsminister ist, hat jedenfalls viele Fehler im Zusammenhang mit Corona & Co gemacht. Sollten nicht Politiker mit guten sachlichen menschlichen Worten die Bürger überzeugen, welche die Steuern reinbringen? Müssen die sagen „wir müssen jetzt mehr Druck ausüben“. Was ist das für eine Art und Weise, mit Menschen umzugehen?

    Ich glaube, wir alle sind auf dem Weg, Roboter zu werden. Kalt und gefühlslos! Und die Politik stachelt uns dazu an!

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  3. Ich gebe Ihnen in allem Recht, was Sie vorbringen. Es ist keine Frage, dass die Politiker nicht nur aus allen möglichen Gründen, die ich hier nicht aufzählen will, versagt haben oder bewusst mit ihren Entscheidungen bestimme Gruppen bevorzugt haben. In Österreich wird durch die FPÖ ganz massiv gehetzt und es werden medizinische Unwahrheiten und Falschinformationen wider besseres Wissen dazu verwendet, die Situation eskalieren zu lassen. Politiker hätten die Aufgabe in so einer Situation nicht die Ängste zu befeuern und damit die Menschen gegeneinander aufzubringen, sondern empathisch und sachgerecht aufzuklären. Das ist nicht passiert, eher im Gegenteil. Dass gibt rechtsradikalen Politiker wie Herbert Kickl die Gelegenheit sich in
    Szene zu setzten und ein Terrain, das eigentlich nur wissenschaftlich gesehen werden kann, zu vereinnahmen und mit den dümmsten Lügen und Argumenten auf Stimmenfang zu gehen. Das hat dazu geführt, dass in dieser Diskussion Tatsachen untergehen, die von der Öffentlichkeit gar nicht mehr wahrgenommen werden, aber medizinisch von höchster Wichtigkeit sind: Wir sind nach wie vor in einer Situation in der jeden Tag Menschen an diesem Virus sterben. Die Kapazitäten in den Krankenhäusern wird in den nächsten Tagen vielfach an ihre Grenzen kommen (seit 14 Tagen haben wir in Österreich täglich im Schnitt 12000 Neuerkrankte, von denen erfahrungsgemäß ein gewisser Prozentsatz auf der Intensivstation landet und ein gewisser Prozentsatz in der Folge stirbt. Heute waren es in Österreich 24 Tote durch Covid Infektion) 30 % Prozent der Bevölkerung sind ungeimpft und beharren darauf, das sei ihr Recht. Bei der Infektiosität des Virus werden die alle irgendwann erkranken oder tun das gerade. In den Zellen eines jeden Erkrankten werden im Lauf dieser Erkrankung Millionen von Viruskopien hergestellt, die er ausscheidet. Bei diesem Kopiervorgang in den Zellen kommt es häufig zu Abschreibfehlern und es entstehen einzelne Viren, die neue Eigenschaften aufweisen. Diese Eigenschaften können die Virusaktivität dergestalt verändern, dass die Infektiosität erhöht wird (siehe Delta Variante) oder das es tödlicher wird. Wir wissen dass die RNA Viren, besonders Corona bzw. SARS Viren dazu neigen rasch neue Varianten zu bilden. (siehe SARS in China 2003,Mortalität 9,6% und Mers im arabischen Raum 2014 – Mortalität 34,4 %) Und weil wir das wissen, wissen wir auch, dass jeden Tag den die Pandemie andauert so ein Virus entstehen kann, das nicht 1.8 Prozent der Erkrankten tötet sondern 50 % und diese Variante wird eher bei den Ungeimpften entstehen. Einziger Ausweg, wenn wir das nicht wollen, ist alle zu impfen und zwar so rasch wie möglich. Je länger das Ganze dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für neue gefährlichere Varianten gegen die dann auch der Impfschutz nicht hilft. Dieser Gefahr sind sich alle damit befassten Wissenschaftler bewusst. Freiheit ist nur mit Verantwortlichkeit möglich und wer glaubt Unverantwortlichkeit sei ein Grundrecht, der liegt schief.

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