Wahlsprengel 44

Der Wahlsprengel 44 in Wien hat bei den letzten Wahlen einen gewissen Bekanntheitsgrad dadurch erreicht, dass die FPÖ hier mit Abstand am meisten Stimmen holen konnte. Bei der Bundespräsidentenwahl waren es 64,81 Prozent, bei der Nationalratswahl 2019 waren es 38,2% und bei der  Wienwahl 44%. Und das inmitten des sonst grellroten Ottakring. Der Wahlsprengel umfasst zwar nur knapp 500 Stimmen, aber das sind vorwiegend Polizisten, die dort in zwei Wohnblocks einer bundeseigenen Wohlfahrtseinrichtung leben. Kann man daraus Rückschlüsse auf die politische Ausrichtung der Polizei insgesamt machen? Kann man nicht, es gibt dafür zu wenig Datenmaterial. Man kann sich nur so seine Gedanken machen.                  

Jetzt haben angeblich 600 Polizisten einen offenen Brief an den Innenminister verfasst.  Die geplante Impfpflicht einerseits, aber andererseits auch die Problematik, dass sie „überwiegend friedlichen Demonstranten drohend“ gegenüberstehen müssen, bilden die Grundlage für diesen Brief. Die Unterzeichner warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft und auch des Polizeiapparates und erklären dem Innenminister, dass er damit rechnen müsse, zahlreiche motivierte, engagierte und qualifizierte Beamte zu verlieren. Anstelle des “Impfnarrativs” will die Gruppe eine Diskussion über „alternative” Behandlungsmethoden führen. Ob damit das in Impfgegnerkreisen propagierte Entwurmungsmittel Ivermectin gemeint ist, bleibt offen. In ihrem Brief wiederholen die Polizisten Behauptungen, die auch in Impfgegnerkreisen kursieren und nachweislich falsch sind. Dass die Impfung keinen ausreichenden Schutz vor Ansteckung” biete und dass “Nebenwirkungen nicht ausreichend geprüft” wären, steht dabei im Vordergrund. (Dass sehr wohl eine deutliche Reduktion – sowohl  der Infektionen als auch der schweren Verläufe – ganz einfach statistisch erfassbar ist, wird negiert). Der ganze Brief entspricht dem Narrativ des Herbert Kickl und so ist es auch nicht verwunderlich, dass das Schreiben von der FPÖ begrüßt und in allen ihr zur Verfügung stehenden Medien breit getreten wurde*. FPÖ- Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer sieht darin einen Beleg dafür, dass sich der „friedliche Widerstand gegen das schwarz-grüne Corona-Regime, die unverhältnismäßigen Zwangsmaßnahmen und die spalterische Kampfrhetorik durch alle Berufs- und Gesellschaftsschichten zieht“. Kann man also annehmen, dass der Großteil der Polizei gegen die Impfpflicht ist?                                                                                  

Natürlich versteht man, dass Polizisten, die die FPÖ wählen nur ungern Demonstrationen auflösen, die von Rechten organisiert und angeführt werden und bei der ihr Parteiobmann Herbert Kickl eine flammende Rede hält. Natürlich versteht man, dass rechte Polizisten aus dem selben Grund ihren Unmut über die zusätzliche Arbeit lieber an linken Gegendemonstranten auslassen, weil sie ja nicht ihre Freunde  von der FPÖ verdreschen können. Aber Tatsache ist, dass 85 Prozent der Polizisten geimpft sind, also deutlich mehr als in der Durchschnittsbevölkerung. Und Tatsache ist, dass die Betreiber des Schreibens der FPÖ Personalvertretung angehören und somit dieser Brief wohl nicht aus Unmut über die Impfung sondern aus politischem Kalkül lanciert wurde. Die 600 Unterstützer blieben bis jetzt namenlos. Gibt es sie überhaupt?

Ominöses Schreiben – Ärger bei Polizei: Brief ein „Riesenschwachsinn“ | krone.at

*Polizisten gegen Impfpflicht und Spaltung: Hier der vollständige offene Brief (info-direkt.eu)

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