Macht euch die Erde untertan

Der Mensch hat ein Raubtiergebiss und einen Darm, der in seiner Länge in etwa zwischen der Länge von reinen Pflanzenfressern und der von Fleischfressern liegt. Somit ist der Mensch in der Lage sowohl pflanzliches als auch tierisches Eiweiß, Fett und Zucker zu verwerten. Anders als bei reinen Fleischfressern, die große Stücke schlucken können, müssen wir alles gut kauen und ein Enzym im Speichel hilft uns, pflanzliche Stärke schon beim Kauen abzubauen. Während reine Fleischfresser Vitamin C selbst bilden können, sind wir auf die Zufuhr des Vitamins mit der Nahrung angewiesen, weil wir auf Grund der Pflanzennahrung im Lauf der Evolution auf die Eigenproduktion verzichten konnten.  Kurz und gut, wir sind Allesfresser. Das ist die biologische Tatsache.  Davon unberührt sind ethische Fragen, die sich der Mensch erst seit einem gewissen Grad der Hirnentwicklung und dem damit verbunden Bewusstsein seiner eigenen Rolle in der Welt, stellen kann. Dazu gehört die Frage, ob es legitim ist, Tiere zu essen.  Die Bibelstelle aus der Genesis:  Macht euch die Erde untertan und herrschet über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels, über das Vieh und alles Getier, scheint diese Frage vorab, zumindest für die westliche Welt, oft synonym für das christliche Abendland, beantwortet zu haben. Fast alle Religionen kennen Regeln und Gesetze zum Töten und Verzehren von Tieren. Das geht vom totalen Tabu bis zu: alles ist möglich. Es gibt keinen gemeinsamen Nenner oder eine gemeinsame ethische Stellungnahme zu diesem Thema.  Jeder muss es für sich entscheiden und viele tun dies auch heute ganz bewusst in die eine oder andere Richtung.   Was wir aber gemeinsam ändern müssen, ist   der respektlose und achtlose Umgang mit Tieren.                                                                                                                                             

 Im Gegensatz zu reinen Fleischfressern und reinen Pflanzenfressern haben wir uns hinsichtlich Ernährung also an unterschiedliche Gegebenheiten angepasst. Wohl einer der Gründe für unsere Erfolgsgeschichte. Denn für die Entwicklung eines dermaßen großen Gehirns war die Aufnahme bestimmter Nährstoffe wie Phosphor und Eisen, die in Fleischnahrung wesentlich reichlicher vorkommen als in Pflanzen, von essenzieller Bedeutung.  Erst vor etwa zwei Millionen Jahren beschleunigte sich das Wachstum unseres Gehirns dramatisch. Das Gehirn des damals lebenden Homo habilis nahm ungefähr 600 Kubikzentimeter ein. Der Homo sapiens vor 190 000 Jahren brachte es   schon auf etwa 1400 Kubikzentimeter. Diese Entwicklung ließ den Menschen zu dem werden, was er heute ist. Heute ist er vor allem ein Vielfresser. Zumindest die Menschen in der „westlichen Welt“* verbrauchen pflanzliche, aber vor allem tierische Produkte in einem Ausmaß, das eigentlich nicht verantwortbar ist. Einerseits verwenden wir einen Teil der durch unseren Bauwahn immer kleiner werdenden lokalen Ackerbauflächen zur Produktion von Futtergetreide, um in erster Linie Millionen von Rindern, Schafen, Schweinen und Geflügel damit zu füttern und andererseits beziehen wir zu diesem Zweck Nahrungs- und Futtermittel – vor allem Soja und Palmöl- aus Ländern wie Brasilien oder Indonesien. Dort wird zum Erschließen von Anbaufläche der tropische Regenwald vernichtet. Das Absurde ist, dass wir von den damit gefütterten Tieren einen nicht unwesentlichen Anteil wegwerfen. Der Überfluss ist so groß, dass wir unzählige Tonnen Fleisch nach Ablauf der Lagerzeit vernichten. 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr vernichtet, das sind 2400 Tonnen pro Minute. Nahezu jedes dritte Rind, das großgezogen und geschlachtet wird, landet in der Mülltonne.

Der amerikanische Naturkundler und Schriftsteller Henry Beston hat in seinem Buch „Das Haus am Ende der Welt“ geschrieben: „Tiere sind nicht unsere Brüder und auch nicht unsere Untertanen, sie sind Wesen mit Sinnen, die wir verloren oder nie entwickelt haben. Sie hören auf Stimmen, die wir weder hören noch verstehen würden, wenn sie sprechen könnten. Sie sind eine andere Nation, die mit uns gefangen ist im Netz des Lebens und der Zeit, Mithäftlinge im Rausch und im Leid des Lebens“.

*Man beachte diese Zuordnung: Der Begriff „westliche Welt“, zu der vereinbarungsgemäß auch die nördliche Welt gehört, determiniert eine Abgrenzung zu einer östlichen oder einer südlichen Welt. Demnach scheint es nicht die Welt schlechthin zu geben, sondern Einzelfälle mit differenten Entwicklungen. Hier die westliche Welt, dort die Versager, die nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen und deshalb Hunger leiden. Wir haben vergessen, dass die westliche Welt, allen voran Europa und Amerika, diese östlichen und südlichen Territorien seit Jahrhunderten mit Gewalt und Terror überzogen und ausgeraubt hat.

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