Also die Bildzeitung ist doch dieses deutsche Revolverblatt, das es mit der Wahrheit nie besonders genau genommen hat und um das sich zahlreiche Skandalgeschichten ranken? Man erinnere sich an die Bücher von Günter Wallraff. ZB.: Der Aufmacher, in denen er über die manipulativen und unredlichen journalistischen Praktiken der Springerpresse, zu der die Bild Zeitung gehört, berichtete. Die Wallraff-Enthüllungen wurden zu einem der größten Presseskandale der Bundesrepublik.
Sebastian Kurz pflegte intensive Beziehungen zur Bildzeitung. Laut einem Bericht im Magazin Trend sorgte Sebastian Kurz oft schon vor Anreise in die deutsche Hauptstadt bei Angela Merkel für Verstimmung. „Seine Termine wurden meist nicht zwischen den Politiker-Kabinetten in Wien und Berlin ausgemacht, sondern aus der Chefetage im Springer-Hochhaus“, erzählt ein Wissender. „Sebastian Kurz nutzte jeden politischen Trip nach Deutschland, um seine medialen Kontakte intensiv zu hegen und zu pflegen. Dazu gehörte so gut wie immer auch ein Abendessen im Springer-Hochhaus. Die Zuneigung war gegenseitig. Bild titelte: Warum haben wir nicht so einen…
Karl Nehammer tritt in Kurzens Fußstapfen. Er hat den ehemaligen Bild- Herausgeber und Chefredakteur von Bild und Welt am Sonntag Kai Diekmann, engagiert, um sein Image und das der Neuen ÖVP aufzumöbeln. Diekmann hat 2017 die Bildzeitung verlassen und die Werbeagentur Storymachine mitbegründet. Er arbeitet auch für den amerikanischen Uber-Konzern, an dem übrigens auch der Springer-Verlag eine Beteiligung hält, als politischer Berater. Er ist Mitglied der Burschenschaft Franconia Münster, einer schlagenden Studentenverbindung. Die türkise Spitze und Diekmann kennen sich schon lange. Nehammer bemüht sich zwar aus der Duftwolke, die Kurz hinterlassen hat, herauszukommen, nutzt aber wieder genau jene dubiose mediale Zurschaustellung, die aus ihm ein verkaufsfähiges Produkt macht. Da wird sowohl die Verpackung als auch der Inhalt so aufgemotzt, dass der potentielle Wähler nicht mehr sieht, was in der Packung wirklich drin ist. Karl Nehammer allein ist ganz offensichtlich zu wenig und der Begriff Neue Volkspartei ist inzwischen auch weit von den Premiummarken entfernt.
Die Reise nach Moskau zu Putin dürfte wohl eine dieser Promotionsideen sein. Kopfschüttelnd haben zahlreiche Kommentatoren gefragt, wozu reist gerade Nehammer nach Moskau, noch dazu in Begleitung von Kai Diekmann. Es ist wohl eine der dick aufgetragenen Werbestrategien des Boulevardjournalisten Diekmann. In dessen Augen zählen die großen Bilder – der Holzhammer, den Bild immer verwendet, wenn es um was geht. Und Nehammer im Kontext mit Weltpolitik, gar als Vermittler und Einziger, der zu Putin vordringt, ist medial eine tolle Geschichte. Das macht weltweit Schlagzeilen und lässt sich auf jeden Fall an die Österreicher gut verkaufen. Dafür wird Kai Dieckmann bezahlt.
Der ÖVP-Chef engagierte ihn in der Hoffnung, vom Erfolgsrezept seines Vorgängers Sebastian Kurz zu profitieren. Der ehemalige „Bild“-Politikchef und Ex-Merkel-Sprecher Georg Streiter wurde auf Vermittlung von Diekmann vom ÖVP-Klub ebenfalls engagiert und soll dort die türkisen Abgeordneten im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss präsentabel machen. Wir werden es bald merken. Die medial wenig gut verwertbaren Angriffe auf die Justiz werden wohl in Angriffe auf die anderen Parteien im U-Ausschuss verwandelt werden. Frei nach dem Spindoktoren- Spruch: Flood it with shit, werden wir eine Schmutzkübelkampagne erleben. Und das neue Image der Volkspartei wird uns auch bald präsentiert werden. Ob die ÖVP dann Ganz neue Volkspartei heißen wird oder Ziemlich neue Volkspartei und ob die Parteifarbe in Hinkunft dunkeltürkis oder fast schwarz sein wird, darüber können wir noch rätseln. Sicher ist nur eins, wo Nehammer draufsteht, ist Kai Diekmann drin. Wir werden über Nehammer nicht die Wahrheit erfahren, sondern ausschließlich das, was wir für die Wahrheit über Nehammer halten sollen. Für alle, die nicht selber denken, ist also gesorgt.
Nehammers „Storymachine“ [Politik Backstage von Josef Votzi] | trend.at