Wenn Gerichte jetzt auf Jahre hinaus damit beschäftigt sind, ÖVP Skandale aufzuarbeiten und sämtliche Bereiche türkiser Malversationen herauszufinden, dann scheint es ein wenig zu kurz gegriffen, wenn die Vorsitzende der Jungen ÖVP und jetzige Staatssekretärin, Claudia Plakolm, das mit dem Satz: „Die ÖVP ist seit Jahrzehntenten eine staatstragende Partei, die darf man nicht auf einzelne Personen reduzieren“, abtut. Man kann das zwar als ein klares Schuldbekenntnis und eine klare Schuldzuweisung in Richtung Kurz auffassen, aber das ist noch lange keine Entschuldigung für all das, was seit der Schüssel-Ära von der ÖVP systemisch an Packelei und Korruption zum Standardvorgehen in der Partei in ganz Österreich wurde. Staatstragend wohl, aber lediglich in dem Sinn, dass unter ÖVP Führung die Lasten von den Schultern der Starken immer mehr auf die Schultern der Schwachen verlagert wurden. Zu keiner Zeit hat eine derartige Vermögensumverteilung stattgefunden und findet immer noch statt wie in den Jahrzehnten der staatstragenden ÖVP. Die Partei hat ihre politische Verantwortung für die Gesamtgesellschaft in keinster Weise wahrgenommen, sondern den eigenen Vorteil und den Vorteil ihrer Klientel gesucht. Gestützt auf willigen Karrieristen, auf massive finanzielle Zuwendungen aus der Wirtschaft und korrupte Boulevard-Medien, wurde der Staat zum Selbstbedienungsladen für die Parteigänger der OVP umfunktioniert. Stichwort: Hure der Reichen. Wichtige soziale Projekte wurden torpediert. Jetzt, in der Krise durch den Krieg, wird offensichtlich, wie arm ein Teil der Bevölkerung inzwischen ist. Wir sprechen in einem der reichsten Länder der Welt davon, Heizkostenzuschüsse und Wohnungsbeihilfen – also Almosen zu verteilen. Dass am heutigen Tag Sebastian Kurz am Parteitag noch einmal einen Kurzauftritt hat, zeigt, dass die Ära nicht zu Ende ist. Nur neue Gesichter werden präsentiert. Gerade in Hinblick auf seinen neuen Arbeitgeber ist Kurzens Wirken – und damit auch der Blick auf die ÖVP – retrospektiv noch einmal zu hinterfragen und einzuordnen. Peter Thiel, der eine beinahe autistisch-antisoziale Haltung hat und der ein Ausbund an neoliberaler Ignoranz und Selbstgefälligkeit ist, der zudem massiv extrem rechte Politiker unterstützt, hat Kurz wohl nicht aus Mitleid eingestellt. Warum geht jemand, der sich in Österreich als Demokrat bezeichnet hat, als „global strategist“ zu einem wie Thiel, der eindeutig antidemokratische Ziele verfolgt. George Orwell und Victor Orban lassen grüßen….
Die ÖVP hat in einer noch nie dagewesenen Art und Weise – nur übertroffen von der FPÖ und deren an Primitivität nicht zu überbietenden IBIZA Affäre – das Vertrauen in die Politik und ihre Akteure zerstört. Ohne Vertrauen in das politische System und deren Vertreter und deren Entscheidungen gerät der Staat ins Wanken und wenn der Staat wankt genügt ein kleiner Stoß, dann kippt er.