Nicht nur weil ich familiäre Beziehungen ins Ländle habe, rührt mich das Schicksal des Vorarlberger Landeshauptmannes. Er muss jetzt – so wurde es verlautet – mehrere Wochen in den Krankenstand, denn er hat dermaßen unter den außergewöhnlichen Belastungen der letzten Wochen gelitten, dass seine Gesundheit angegriffen ist. Dass man von vorneherein schon weiß, es wird mehrere Wochen bis zu seiner Genesung dauern, verheißt nichts Gutes. Entweder eine schwere psychovegetative Erschöpfung, heute auch „Burn out – Symtomatik“ genannt, die durch Dauerstress, Angst oder ständige Ungewissheit verursacht wird oder ein protrahiertes Rücktrittsyndrom kommen da in Frage. Die Affäre um die Zwangsinserate und das finanzielle Anzapfen von landeseigenen Betrieben, die regelmäßig Inserate im Wirtschaftsblatt schalten mussten, deren Erträge in ÖVP – Kassen geflossen sind, scheint doch schwerer zu wiegen. Ich habe ihn für integer gehalten. Man hat ihm zumindest nicht angesehen, dass er sich offensichtlich schon frühzeitig mit einem in der ÖVP grassierenden Virus infiziert hat. Das Virus heißt „institutionelle Korruption“.
Funktionierende demokratische Institutionen sind es, die den Bestand von Gesellschaften und ihre Wirkung nach innen und außen bestimmen. Von Institutionen hängt nicht nur die Stabilität einer Gesellschaft, sondern auch deren wirtschaftliche und zivilisatorische Entwicklung ab. Wenn staatliche Institutionen und Positionen dazu benützt werden, sich selber oder bestimmten gesellschaftlichen Gruppen ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen, dann spricht man von institutioneller Korruption.
Natürlich hat dieses Virus auch in anderen Parteien immer wieder zu kleineren oder größeren Epidemien geführt. Aber in der ÖVP hat es, wie wir in den letzten Jahren zur Kenntnis nehmen mussten, eine Pandemie ausgelöst. ÖVP – Politiker scheinen es zu übertragen wie Ratten die Pest. Und wenn dann ein junger Mann in höhere Positionen aufsteigt, dann ist er schon infiziert oder sein Immunsystem wird unmerklich durch eine ständige Exposition vom Virus unterwandert, so dass er ganz langsam, ohne den Übergang zu bemerken, auf die andere, die dunkle Seite der Macht rutscht. Mit anderen Worten: Mag sein, dass solche Zustände wie in Vorarlberg, wo die Partei eine Institution nutzt, um sich massive finanzielle Vorteile zu verschaffen, schon immer in Österreich üblich waren und man als Jungpolitiker dies eben zur Kenntnis nimmt und einfach fortführt, was sich für die Partei bewährt hat, ohne auf die leichten Symptome zu achten. Man merkt die subtilen psychischen Veränderungen, die mit der Ansteckung einher gehen nicht mehr, oder man hält sie für normal. In einer Leprakolonie ist Lepra die Norm. Mag sein, dass einem die Tragweite dieser Vorgangsweise erst wirklich bewusst wird, wenn die Justiz ermittelt und man dann plötzlich erkennen muss, dass man auch infiziert ist. Aber dann ist es zu spät, dann braucht man ein paar Wochen Krankenstand.
N.B. Wer in den letzten zwei Jahren als Pflegekraft oder Arzt/Ärztin auf einer Coronastation oder überhaupt im Krankenhaus gearbeitet und dabei erlebt hat, wie die Arbeit immer mehr, die Belegschaft immer weniger, die freien Tage immer seltener, der Applaus immer leiser, substanzlose Politikerversprechen immer häufiger und die Erschöpfung immer größer wurde, der weiß, was außergewöhnliche Belastungen wirklich sind und wird es sein Leben lang nicht vergessen.
Aus dem Lexikon: Korruption (von lateinisch corruptio: ‚Verderbnis, Verdorbenheit, Bestechlichkeit‘) ist der Missbrauch einer Vertrauensstellung. Der Missbrauch beginnt, wenn im Rahmen einer öffentlichen und/oder privaten und/oder wirtschaftlichen und/oder politischen Verantwortung, Vorteile erlangt werden oder erlangt werden sollen. Auftreten kann sie z. B. bei Genehmigungen, Posten- oder Auftragsvergaben, Verträgen, gesellschaftspolitischen Handlungen. Der Missbrauch besteht darin, Vorteile zu erlangen oder zu gewähren, auf die keine Ansprüche bestehen. Harold Dwight Lasswell definiert ihn als einen speziellen Vorteil, für den ein allgemeines Interesse verletzt wird.
Im Bereich öffentlicher Verwaltung und Justiz kann Korruption einerseits zu hohen finanziellen Schäden führen; so kann ein Unternehmen einen Auftrag erhalten, obwohl es schlechtere Leistungen erbringt. Anderseits gibt es auch immaterielle Auswirkungen, etwa einen Machtverlust der allgemeinen Bevölkerung zugunsten weniger mächtiger oder reicher Akteure und damit einen Mangel an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Die institionelle Korruption in der ÖVP wurde u. a. durch die jahrzehntelange Regierungstätigkeit befördert. Bis in die kleinsten Gemeinden wurde die Gesellschaft infiltriert und im Sinne der ÖVP beeinflusst.
Um diese Infiltration zu beenden ist es notwendig die ÖVP mindestens 10 Jahre im Bund von der Regierung fernzuhalten.
Veränderungen in den Ebenen darunter werden sich dann hoffentlich zwangsläufig ergeben.
Ich sehe persönlich in einer rot-grünen-Neos Achse mit authentischen politischen Persönlichkeiten einen Ausweg aus dem derzeitigen Dilemma.
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Wie es so schön heißt: Macht korrumpiert und absolute Macht korrumpiert absolut. Ihre Sicht der Dinge teile ich.
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