Weltstammtisch

Wir leben in prekären Zeiten. Nicht, dass uns das Meer, dessen Anstieg unübersehbar ist, unsere Hütte wegspült, wie den Menschen an den Küsten des Senegal oder in Tuvalu. Es gibt auch keine chinesischen, russischen oder europäischen Fischfangflotten, die vor unserer Küste illegal alles plündern, was einmal unsere Nahrungsgrundlage war. Wir leben prekär, weil wir unseren unglaublichen Wohlstand in Gefahr sehen. Wir stehen vor dem Problem, dass der Winterurlaub deutlich teurer wird und die Energiekosten steigen. Wir stehen vor dem Problem, dass wir nicht recht wissen, ob das neue Auto elektrisch oder doch noch ein Benziner sein soll. Wir fürchten uns vor Putin und seiner Soldateska, weil er über die Atombombe verfügt und somit die Möglichkeit hat, die ganze Welt zu erpressen. Wenn er sie einsetzt, gibt es eine gute Chance, diese Welt in einem letzten Krieg abzufackeln. Wir haben es verabsäumt – immer wieder verabsäumt –  nach dem ersten Weltkrieg, nach dem zweiten Weltkrieg und nach jedem der vielen Kriege, die es seither gegeben hat – in den Köpfen aller Menschen zu verankern, dass Krieg niemals eine Lösung ist. Die Menschen haben nie begriffen, dass nach einem Krieg nichts besser ist, sondern alles für alle schlechter wird. Wir haben es verabsäumt, statt militärisches Potential aufzubauen auf die geistigen Fähigkeiten zu setzen. Krieg kann nie eine Ultima Ratio sein. Aber immer noch gilt: Wenn du Frieden willst, musst du dich für den Krieg bereiten. Niemand kommt auf die Idee zu sagen, wenn du Frieden willst, musst du alle Waffen vernichten und die Energie, die du für deren Erfindung und Produktion verwendet hast, in die Erhaltung des Friedens investieren. Leider haben weder Religionen noch Philosophien Lösungen gefunden, sondern sind eher Teil des Problems. Wir haben in den letzten hundert Jahren gelernt, Materie derart zu manipulieren, dass die daraus resultierenden Mechanismen und Geräte nachgerade ans Wunderbare grenzen, aber wir sind moralisch und ethisch auf der Entwicklungsstufe des Neandertalers. Und das Schlimmste: Es ist uns nicht einmal bewusst. Wir halten uns allesamt für moderne, aufgeklärte, ja intelligente Menschen. Das impliziert für jeden, auch den größten Idioten, dass er eh über alles Bescheid weiß und dass sein Urteil immer treffend ist. Es ist nun aber so, dass diese Stammtischmentalität nicht nur Herrn und Frau Hinz und Kunz betrifft, sie leitet auch die Menschen, die in höchste politische Ämter aufsteigen.  Auch Putin ist mit seiner verqueren historischen Deutung des Weltgeschehens und den daraus resultierenden revanchistischen und aggressiven Impulsen nie weiter gekommen als auf Stammtischniveau. Und rundherum sehe ich derzeit keinen Politiker, der da eine große Ausnahme wäre.

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