mahlen bekanntlich langsam, und das nicht nur in Österreich. Wenn man die Anzahl der Gerichtsverfahren, die derzeit weltweit in den Reihen der Politiker anhängig sind, betrachtet, dann scheint in Gottes Korruptionsstaatsanwaltschaft ein absoluter Personalmangel zu herrschen. Denn seltsamerweise können sich die größten Schlitzohren auf Gott berufen, ohne dafür sofort im Orkus zu verschwinden. Benny Netanjahu, in Israel gerade wieder gewählt – weil nichts Besseres nachgekommen ist – wartet seit ein paar Jahren auf sein Korruptionsverfahren. Es muss für die Wähler frustrierend sein, wenn ein Mann, der unbedingt Premierminister werden muss, um den diversen Korruptionsanklagen zu entkommen, die beste Wahl ist, die man treffen kann. Für viele auch dann noch, wenn er mit den extrem rechten, erzkonservativen Religioten eine Regierung bildet. Aber gerade von diesen ultraorthodoxen Juden sollte man erwarten, dass sie kein Bündnis mit einem Sünder eingehen. Spielt aber keine Rolle, Hauptsache man kommt an die Macht.
Die österreichische Volkspartei beruft sich auf christliche Werte und ein Teil ihrer Wähler scheint das wirklich zu glauben. Wenn ein Wolfgang Sobotka im Parlament eine Gebetsrunde abhält, dann muss er doch vom Katholizismus förmlich durchdrungen sein. So ein Mann lügt nicht, betrügt nicht, ist nicht korrupt und stellt das Gemeinwohl immer über Eigen- oder Parteiinteressen.
H.C. Strache ließ sich mit einem Kreuz in der Hand fotografieren und forderte: ein Kreuz muss in jede Schulklasse. „Abendland in Christenhand“ ließ er plakatieren und bekam Applaus von seiner Gefolgschaft, die in ihm einen aufrichtigen Christenmenschen sahen. Nicht einmal Ibiza konnte dieses Bild von ihm ändern.
Donald Trump griff zur Abwechslung gerade einmal keiner Frau in den Schritt, sondern stand vor der St. John’s Church, auch die „Kirche der Präsidenten“ genannt, und blickte entschlossen in die Kameras. Trump hielt eine Bibel in die Höhe. „Wir haben das großartigste Land der Welt“, sagt er. Zwanzig Prozent der amerikanischen Bevölkerung sind evangelikale Christen, bibelgläubig schwer bewaffnet, rassistisch und von der eigenen Großartigkeit überzeugt. Sie sind die zentrale Wählerbasis der Republikaner und sie lieben Trump. Ein Mann mit einer Bibel in der Hand kann nicht schlecht sein, auch wenn er einen Tag vorher Demonstranten, die wegen der Ermordung des Farbigen George Floyd auf die Straße gingen, mit Tränengas ausräuchern lies.
Der Patriarch der russisch orthodoxen Kirche, Kyrill I., segnet Raketen, die in die Ukraine fliegen. Er steht Putin sehr nahe und Putin steht ihm sehr nahe. Das persönliches Vermögen des obersten Orthodoxen wird auf etwa 4 Milliarden Euro geschätzt. Er liebt Schifahren und schnelle Autos. Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine bezeichnet er als Selbstverteidigung.
Jair Bolsonaro, gerade abgewählter Präsident Brasiliens, ein evangelikaler Christ, frauenfeindlich, homophob und rassistisch, ließ sich vom Pastor Everaldo Peirera im Jordan taufen und war während seiner Amtszeit nicht nur für hunderttausende Coronatote, sondern auch für zahlreiche Übergriffe auf die indigene Bevölkerung und eine rasante Abholzung des Amazonasregenwaldes verantwortlich. Er umgab sich mit Korruptionisten aus Militär und Wirtschaft und wäre er länger im Amt geblieben, hätte er wohl einen Militärstaat mit religiöser Dominanz errichtet. Der brasilianische Philosoph Vladimir Safatle bezeichnet Bolsonaro als „klassischen Faschisten“ .
Wie immer in den letzten Jahren kann so eine Liste nie vollständig sein. Nicht einmal in Österreich schaffen wir es, alle korrupten Politiker, die sich großartig als christlich-sozial verkaufen, aber soweit von christlichen Werten entfernt sind wie die Erde vom Orionnebel, vor den Vorhang zu holen, geschweige denn vor ein Gericht zu stellen.
Aber wenn alle diese Pharisäer nur im mindesten an das glauben würden, was sie den Menschen vorgaukeln, dann müssten sie in der ständigen Angst leben, dass sie schon bald der Teufel holt.
PS. Es sind nicht nur die abendländischen Pharisäer, auch im Morgenland berufen sie sich auf Gott und dessen angebliche Gesetze, während sie Kinder umbringen.
Recht herzlichen Dank für die schönen Gedanken;)
Alles Liebe
Paulina
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