In Oberösterreich gibt es den Dialektbegriff aufgansln. Substantiv: Aufgansler. Das bedeutet so viel wie jemanden anstacheln, aufhetzten oder in Erregung versetzen. Wer die Berichte vom FPÖ-Bierzelt am Urfahraner Markt gesehen hat, weiß schon, worauf ich hinaus will. Dort wird ordentlich aufgansld oder landestypischer: afgansld.
Da spricht Herbert Kickl, der Volkskanzler in spe. Er selber benutzt diesen Begriff aus der NS-Zeit offensichtlich ganz bewusst. Ein Buch aus dem Jahr 1934 trägt diesen Titel. Der Volkskanzler. Das Leben des Führers Adolf Hitler, für Jugend und Volk erzählt. *1) Näher kann man am Vorbild nicht sein. Der Volkskanzler persönlich macht also am Urfahraner Jahrmarkt den Afgansler. Er ist eigentlich ein jämmerlicher Redner, nachgerade lächerlich seine bemühten Witzchen und Tiraden mit denen er seine lieben Freunde – begeistert. Und vieles, was er mit schrägem Pathos vorträgt ist regelrecht zum Fremdschämen. Aber dazwischen wird es ernst, da schildert er der bierseligen und vor allem heimatverbundenen Urbevölkerung von Oberösterreich seine Pläne – was er alles tut, wenn er demnächst die Macht im Staate übernimmt, denn davon scheint er felsenfest überzeugt. Und diese Pläne sind so, dass es einem denkenden Menschen die Sprache verschlägt. Orbanisierung ist sein Schlagwort und aus seinem Mund klingt es nach einer Drohung. Und damit ist nicht nur die Abschottung Österreichs gegen Immigration und Asylsuchende gemeint, damit meint Kickl das Gesamtpaket: Einschränkung der Pressefreiheit, Kontrolle der Justiz und letztendlich Verfolgung Andersdenkender. Dass das keine leeren Worte sind, hat er schon mit dem illegalen Überfall auf den BVT bewiesen.
Er ist gegen die Eliten, sagt er, „denn das Land braucht einen Volkskanzler, keinen Systemkanzler.“
Aber was unterscheidet ihn von den Eliten?
Herbert Kickl hat ein abgebrochenes Philosophiestudium, keine Berufsausbildung, hat keinen Tag in der Privatwirtschaft gearbeitet und seit 30 Jahren nichts anderes gemacht als im inneren Zirkel der FPÖ zu werken. Er begleitete in unterschiedlicher Funktion Jörg Haider und H.C. Strache, zwei der korruptesten Politiker, die Österreich je erlebt hat. Er war Haiders Redenschreiber und ist ihm auch in der Zeit, in der die FPÖ Saddam Hussein und Gaddafi hofierte, von denen sie für ihre publicitywirksamen gemeinsamen Auftritte Millionen kassierten, treu ergeben.*2) (Erst als sich der Populist Haider vom extrem rechten Kurs abzuwenden begann und das eher liberale BZÖ gründete, wurde Kickl dessen Dauerkritiker). Kickl war Teilhaber einer Werbeagentur, die vom Bundesland Kärnten Aufträge akquirierte, die man sich selbst zugeschanzt hat. *3) Er war immer mitten drinnen und muss von allem gewusst haben. Ob es die diversen Malversationen in Kärnten betrifft oder die Goldbarren der Wiener FPÖ im parteieigenen Hotel in Osttirol.*4) Aber er hat erstaunlicherweise alles überlebt, hat sich weggeduckt, nichts gehört und nichts gesehen. Auch H.C. Straches Größenwahn hat ihm eher genutzt als geschadet. Jetzt ist er Parteiobmann der FPÖ und wettert gegen die Eliten, zu denen er selber gehört. Er bezieht als Clubobmann ein Gehalt von 15395,10 Euro monatlich 14x im Jahr, dazu eine Aufwandsentschädigung für alles, was extra kostet. Wieviel er von der Partei bekommt, weiß man nicht. Zumindest hat er zeitweilig ein Beraterhonorar um die 10 000 Euro monatlich kassiert, wird kolportiert. Man erinnere sich: Strache hat sich sogar den Kaviar von der Partei zahlen lassen. ( Zitat aus einem Chat: „Bring mir Kaviar mit, aber höchstens um 700 Euro“) Und er hat natürlich dabei ständig an den kleine Mann auf der Straße gedacht, weil der hat den Kaviar letztlich für ihn bezahlt. Im Gegensatz zu seinen Wählern ist Herbert Kickl ein schwerreicher Mann. Und er, der nie ernsthaft gearbeitet hat, stellt sich am Tag der Arbeit hin und wettert gegen die Reichen. Lustig ist er ja, der Herbert, das hat er schon mit seinem Pferdespleen bewiesen.
Aus allem, was Kickl bisher verantwortet oder mitverantwortet, wird klar, dass er kein Mann des Volkes ist. Er hat gemeinsam mit seiner Partei eine Unzahl von ÖVP-Gesetzen mitgetragen, die sich direkt gegen die Interessen der arbeitenden Bevölkerung richten, dazu zählt nicht nur der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden Wochen. Wer sich die Mühe macht, die Gesetzesanträge einmal durchzusehen, der muss begreifen, dass auch – oder gerade – die FPÖ eine Hure der Reichen ist. *5) Aber davon wird mit marktschreierischem Gehabe lautstark abgelenkt, genau wie kein Wort darüber fällt, dass der Kickl -Freund Orban täglich Flüchtlinge nach Österreich durchwinkt.
Apropos Orban: Heute und morgen ist Kickl gemeinsam mit Harald Vilimsky in Budapest. Bei der Conservativ political Action Konferenz (CPAC). Dort spricht Eduardo Bolsonaro, der Sohn des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, eines rechten Korruptionisten der Sonderklasse.
Der tschechische Millionär und Expräsident Andrej Babis, dem wegen Subventionsbetrug (Affäre Storchennest) in Tschechien die Immunität aberkannt wurde und der rechte Janez Jansa aus Slovenien – ebenfalls zurückgetreten wegen einer Korruptionsaffäre – sind Teil des Freundeskreises. Gegründet wurde der Verein von amerikanischen Politikern weit rechts von Trump. Und es ist anzunehmen, dass die das Wort sozial nur in garstigen Witzen verwenden. In dieser illustren Gesellschaft befinden sich also Herbert Kickl und Harald Vilimsky. Was die sich wohl gemeinsam zum Wohl des kleine Mannes ausdenken?
Genau wie vor gut 90 Jahren der erzkonservative Franz von Pappen mit den damaligen Eliten und Industriebossen sich Hitler schöngeredet haben und von Pappen seinen Einfluss bei Bismarck geltend machte, dass Hitler Kanzler wurde („In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht! “), reden sich momentan die ÖVP-Landeshauptleute aus reiner Machtgier die FPÖ schön und fressen jede Krot, nur um die Macht nicht abgeben zu müssen. Die Wahllügen der ÖVP sowohl in Niederösterreich als auch in Salzburg geben ein beredtes Zeugnis dafür, was für die ÖVP wirklich zählt. Hat Haslauer in Bezug auf die FPÖ vor der Wahl von Gemeinheit, Niedertracht, Hass und Bösartigkeit gesprochen, so betätigt er sich mit dieser Zusammenarbeit bewusst als Steigbügelhalter für Kickl. Sie hoffen alle auf den Tag, an dem eine bundesweite Koalition, zur Not auch mit Kickl als Kanzler, die Geschäfte führt und dann alles, was in der Kurz-Ära geschehen ist, von einer gegängelten Justiz applaniert wird.
Wie heißt es doch so prophetisch am Ende von Joseph Conrads Roman Herz der Finsternis? Das Grauen, das Grauen…
*1) Der Volkskanzler. Das Leben des Führers Adolf Hitler für Jugend und Volk erzählt. Band 439 der Reihe „Aus deutschem Schrifttum und deutsche Kultur“ Dieses Buch wird von uns nur zur staatsbürgerlichen Aufklärung und zur Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen angeboten (§86 StGB) von Kaergel, Hans Christoph:: (1934) Signed by Author(s) | Galerie für gegenständliche Kunst (zvab.com)
*2) Big Spender: Jörg Haider, Saddam Hussein und das Geld (profil.at)
*3) https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVI/NRSITZ/38/A_-_12_00_48_Dringliche_Anfrage_betr___Innenminister_Kickl_Drahtzieher_bei_rechtswidriger_Razzia_im_BVT_.html
*4) Wiener FPÖ hortete Goldbarren in Osttirol – FPÖ – derStandard.at › Inland
*5) Arbeiter und Angestellte haben nichts von der FPÖ – Eine Analyse der freiheitlichen „Politik für die kleinen Leute“ (kontrast.at)
Falter veröffentlicht geheime Verträge Herbert Kickls | Falter Zeitschriften GmbH, 14.07.2015 (ots.at)
Grüne thematisieren Vorwürfe gegen FPÖ rund um ideen.schmiede-Causa (PK0978/23.09.2015) | Parlament Österreich
Kickl: 10.000 Euro Provision von Werbeagentur – Politik | heute.at