Ist der Handel noch so klein….

Die Römer litten zeitweilig darunter, dass unglaublich viele Sesterzen für Luxusgüter aus Indien oder China ausgegeben wurden. Seide war neben Gewürzen und Edelsteinen aus Indien und Perlen und Weihrauch aus dem arabischen Raum eine der begehrtesten und teuersten Waren der damaligen Zeit. Der Handel mit China, der damals in aller Regel über zahlreiche Zwischenhändler vor allem aus dem Volk der Parther und Sassaniden abgewickelt wurde, hatte vor allen Dingen chinesische Seide und römisches Glas zum Gegenstand. Dazu sagte Plinius der Ältere*: „Niedrig geschätzt nehmen Indien, die Serer (Chinesen) und die arabische Halbinsel jährlich 100 Millionen Sesterzen durch unser Reich ein: So viel kosten uns unser Luxus und unsere Frauen.“(Plinius, Naturalis Historia). Und Seneca, Bannerträger der stoischen Philosophie, ritzte, empört über die körperbetonende Seide, in die Wachstafel: „Scharen von Frauen bemühen sich darum, dass irgendein Fremder die gleiche Kenntnis von ihrem Körper  hat  wie ihr Ehemann.“

Schon im Alten Ägypten wurde der Bubastis-Kanal angelegt, der  vom Nildelta zum Roten Meer führte. Ein Vorgänger des Suez Kanals. Kaiser Trajan (98 bis 117 n. Chr.) baute um 100 n. Chr. einen Verbindungskanal von Kairo zum Bubastis-Kanal und erneuerte letzteren. Damit war ein direkter Wasserweg vom Mittelmeer zum Roten Meer gegeben und dadurch der Warentransport von und  bis nach Indien möglich. Auf dem Landweg existierte bereits die Seidenstraße. Damit bezeichnet man ein Netz von Karawanenstraßen, dessen Hauptroute den Mittelmeerraum  über Zentralasien mit Ostasien und damit mit China verband. Eine Delegation des chinesischen Kaisers Han Wudi machte ihre Aufwartung in Rom schon vor Beginn unserer Zeitrechnung. Rom, das von den Chinesen im Geschichtswerk Hou Hansou (5. Jhd..n.Chr.) als Da Qin bezeichnet wurde, war für China als Abnehmer von Seide und als Lieferant von Glaswaren interessant. So weit die antiken Handelswege. Also nichts Neues unter der Sonne.

Heute ist China zum Universalproduzenten geworden und unser Luxusleben wird ebenfalls – diesmal aber vorwiegend  mit Billigprodukten der Serer befeuert. Alles was wir brauchen, vom Computer bis zur Unterhose, kommt aus China und wird dort um vieles billiger produziert als in Europa. Die Globalisierung machts möglich. Das beinhaltet, dass wir Europäer viele Dinge – auch wichtige wie Arzneimittel – nicht mehr selber machen und der Handel mit China ein unglaubliches Volumen erreicht hat. Davon profitieren in erste Linie die Krämer. Nur, sie gehen dabei kein  Risiko ein wie die römischen Kaufleute, die vom Persischen Golf mit dem Nordostmonsun  im Spätsommer nach Indien segelten und im Februar mit dem Südwestwind  wieder zurückkehrten. Sie verloren viele Schiffe. Genau so waren Handelskarawanen auf der Seidenstraße ständig räuberischen Angriffen ausgesetzt. Deshalb waren die Preise für Seide auch enorm hoch. Wenn wir jetzt nach der Coronakrise die Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen, müssen wir uns – wenn wir aus dem Schlamassel etwas gelernt haben – überlegen, welchen Teil der Wirtschaft wir fördern wollen. Ist es die produzierende Wirtschaft oder ist es der Handel mit Gütern, die vorwiegend aus China kommen? (Wobei wir auch darüber nachdenken sollten, was die chinesische Führung mit den unglaublichen Gewinnen aus der emsigen Arbeit seiner total überwachten Bevölkerung eigentlich langfristig plant.)                                                                Sind es die kleinen Dienstleister, die lokalen Firmen und Produzenten oder die großen Modeketten und die Handelsgesellschaften, denen wir das Feld überlassen wollen?  Wollen wir die Gewinnmargen der Händler erhöhen oder wollen wir sinnvolle Produkte selber produzieren und damit Arbeitsplätze schaffen bzw. erhalten? Natürlich ist es einfacher, ein Geschäft mit chinesischer Billigware zu eröffnen. Die Gewinnspannen sind enorm und die Chinesen liefern an jede Adresse frei Haus. Ich habe es einmal ausprobiert. Ich habe mir in weiser Voraussicht bereits Mitte Jänner in China eine Vollgesichtsmaske bestellt. Sie besteht aus hochwertigem Kunststoff und Polycarbonat, hat Ventile und auswechselbare Filter. Sie ist von ausgezeichneter Qualität und kostet samt Versand (sic!) aus China 19 Euro. Zwei Sätze hochwertige Filter extra kommen auf je 8 Euro. Aber was kostet die komplett gleiche Maske jetzt bei einem Händler in Linz, der bei der selben Firma in China bestellt wie ich und vermutlich auf Grund größerer Mengen bessere Konditionen bekommt? Sie kostet in Linz knapp 100 Euro und die Filter noch einmal 50 Euro. Also 35 Euro mit zwei Filtersätzen zu 150 Euro mit einem Filtersatz. (Natürlich, Steuern fallen an, Zoll, Lagerkosten etc.) Aber trotzdem ein netter Gewinn. Gleiches gilt für Kleidung. Man kann in China 100 Stück Blue Jeans von durchaus passabler Qualität, die dort von Billigstarbeitskräften hergestellt werden, um 2-3 Euro das Stück (!) bekommen und in Österreich jede Hose um 60 € verkaufen. Manche Händler verkaufen sie sogar um 150€. Der Preis ist der, den der Kunde zu zahlen bereit ist. Je teurer, je qualitätsvoller meint man. Stimmt aber nicht. Hier werden unglaubliche Gewinne mit ein paar Mausklicks am Computer gemacht. Meine Großmutter pflegte zu sagen: Ist der Handel noch so klein, bringt er mehr als Arbeit ein…. Und das ist die große Frage, die man nur im Welt – Ganzen beantworten kann. Wollen wir eine Wirtschaft, die vor Ort das produziert, was wir brauchen oder wollen wir weiterhin die auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Produktion von Massenwaren. Wollen wir die Ressourcen der Erde vernünftig nutzen oder wollen wir das Erbe unserer Kinder dafür verbraten, dass ein paar Großhändler wie Amazon oder Alibaba jeden Tag ein Milliarde Dollar Umsatz mit der Arbeit von Menschen machen, die selber für immer arm bleiben. Wir Konsumenten müssen entscheiden: Wollen wir ein Kilo von der EU gefördertes Schweinefleisch um 2,30 Euro? Und wollen wir ein T- Shirt aus China, Vietnam oder Pakistan, das dort um 30 Cent produziert wird, um 17 Euro kaufen und damit einen Händler reich machen?

 

Plinius d. Älertere starb 79 nach Chr. beim großen Vulkanausbruch, der Pompei und Herkulaneum vernichtete.

http://www.oekosystem-erde.de/html/geschichte-2.html
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/oesterreich/381475_Auf-der-Flucht-vor-den-Parthern-kamen-die-Roemer-bis-nach-China.html

PS: Fragen sie einmal in der Boutique wo und unter welchen Umständen die Hose um 160€, die sie grade anprobieren produziert wurde und wieviel der Einkaufspreis dafür war. Wahrscheinlich kriegt der Ladenbesitzer dann rote Ohren.

Ein Gedanke zu “Ist der Handel noch so klein….”

Hinterlasse einen Kommentar