Aus der Kirchengeschichte

In jenen Tagen trat Thomas der Schwätzer  auf und verkündete: Er wird kommen und die Reichen reicher machen und die Armen ärmer, denn wir sind die Hure der Reichen. So kam denn der Messias und errichtete das Reich des Neoliberalismus auf Erden. Er machte die Reichen reicher und die Armen ärmer und ließ sie zudem länger arbeiten. Aber er konnte der Versuchung nicht widerstehen und schloss einen Pakt mit dem Teufel. Der versprach dem Messias, dass er ihm jeden Wunsch erfüllen würde. Doch es währte nicht lange, da stellten die Erzengel des Weltuntergangs ein Kreuz auf  und nagelten den Messias daran fest. Sie hatten nämlich vom Pakt mit dem Teufel erfahren. Sie verlangten von der Kirche des Neoliberalismus ultimativ, den Messias durch einen anderen Prediger, mit untadeligem Vorleben, auszutauschen. Am darauffolgenden Tag entschwand der Messias. Man munkelte, er sei zum Himmel aufgefahren, um von dort das Land gegen alles Fremde zu schützen. Ihm folgte einer seiner Jünger. Der, den man Alexander nannte, wurde zum Pontifex maximus und Stellvertreter des Messias auf Erden ausgerufen. Der Messias blieb einige Tage allen Blicken verborgen. Aber bald feierte er seine Wiederauferstehung als Global Strategist bei Thiel Capital. Der neue Pontifex Alexander sah sich der Aufgabe, Herr über den ganzen Kirchenstaat zu sein, nicht gewachsen. Er war nicht geeignet zur Glaubensbewirtschaftung, so wie der Messias es getan hatte. Er sah kein Licht am Ende des Tunnels. Er sah die Begehrlichkeiten und Erwartungen, die man nun in ihn setzte und wollte mit dem Ablasshandel und der Verteilung der Pfründe nicht in Zusammenhang gebracht werden. Das war aber keine Tugend, das war als Tugend verkleidete Eitelkeit. Er gab die Tiara bald an einen anderen Jünger weiter. Dieser, Karl der Salbungsvolle, wurde vom heiligen  Geist  nicht wirklich unterstützt. Er machte sich durch lose Reden bei den Bischöfen unbeliebt und die Gläubigen fielen scharenweise von der wahren Kirche ab. Die Mächte des Bösen nahmen überhand und schon bald standen die Menetekel an der Wand und die Namen möglicher Gegenpäpste kursierten in immer kürzeren Abständen in den Gazetten.  Der einzige Trost für die Glaubensgemeinschaft: die Freikirche der Nationalisten, die viele Anhänger des Messias mit dem Versprechen, sie vor Eingeweidewürmern zu schützen, an sich gezogen hatte, wurde auch wieder einmal von einem ordentlichen Skandal erschüttert.  So ist das nun mal bei den Glaubensgemeinschaften. Wenn man nicht ernsthaft glaubt, dann geht alles schief.

3 Gedanken zu „Aus der Kirchengeschichte“

  1. Hey, bewegte Heldengeschichte angesiedelt zwischen Himmel und Erde. Was geschieht in den Himmelsraeumen insbesondere im 7? Und auf der Erde, wo Anfang und Ende einander umarmen?

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